Immer noch Spiel auf Zeit?

■ De Klerks Projekt eines Verfassungsreferendums

Immer noch Spiel auf Zeit? De Klerks Projekt eines Verfassungsreferendums

Der Gedanke eines Referendums, in dem weiße Wähler über eine neue Verfassung abstimmen sollen, geistert schon seit der letzten Parlamentswahl 1989 durch die südafrikanische Politik. Jetzt hat Präsident Frederick de Klerk erneut betont, daß er immer noch an dieser Absicht festhält, selbst wenn er inzwischen bereit ist, auch schwarzen Südafrikanern eine Beteiligung an der Abstimmung einzuräumen. Aber sollte die Mehrheit der weißen Wähler Reformen ablehnen — und das ist allen Umfragen zufolge zur Zeit sicher —, dann müßte der Verhandlungsprozeß praktisch von vorne anfangen.

Ein solches Veto für die Weißen widerspricht jedem Demokratieverständnis. Niemand, weder der ANC noch die internationale Gemeinschaft, würde den Abbruch von Verhandlungen aus diesem Grund akzeptieren. Warum hält De Klerk dennoch an diesem Vorhaben fest? Daß er seinen Wählern ein „Ehrenwort“ gegeben habe, ist wohl nur eine vorgeschobene Rechtfertigung. Vielmehr ist die Drohung mit dem Referendum ein Druckmittel, um dem ANC Zugeständnisse abzupressen.

Denn beim Tauziehen um die Einsetzung einer Interimsregierung und einer verfassunggebenden Versammlung geht es ums Ganze: De Klerk und seine Regierung werden nach zweijährigen Vorbereitungen zumindest ihre Macht teilen, sie womöglich ganz aufgeben müssen. Statt dabei einen sauberen Schnitt zu machen, will De Klerk die Verfassung in kleinen Schritten verändern.

Ein erster solcher Schritt soll eine Verfassungsänderung sein, um einer Interimsregierung und einem Interimsparlament den Weg freizumachen. Dabei sollen Elemente wie Minderheitenschutz und Dezentralisierung der Macht schon eingebaut werden. Die Regierung meint, daß eine Interimsregierung dann bis zu zehn Jahre an der Macht bleiben könnte. In diesem Zeitraum sollte dann die endgültige demokratische Verfassung ausgearbeitet werden.

Statt einer demokratisch gewählten verfassunggebenden Versammlung würde vermutlich das unter den Bedingungen des Minderheitenschutzes gewählte Übergangsparlament diese Aufgabe erfüllen. Damit würde den Weißen nach wie vor unverhältnismäßig großer Einfluß eingeräumt. Der ANC ist bereit, die Angst der Weißen zu berücksichtigen. Aber diese Pläne lassen Zweifel darüber aufkommen, wie ernst De Klerk es meint mit der Übergabe der Macht an die schwarze Mehrheit. Hans Brandt