Surrende Jung-Dynamos

■ Im Spitzenspiel der Eishockey-Bundesliga für Junioren brillierte Tabellenführer EHC Dynamo mit einem 9:1-Sieg über Verfolger Rosenheim

Hohenschönhausen. Früher, da war das Leben der Eishockey-Küken des EHC Dynamo eher trist. Wer dem Puck nachjagte, hatte sich für eine Sportart der staatlichen Förderstufe zwei entschieden; will sagen: er war meist jenen Häschern, die den Nachwuchs für die goldträchtigen Paradedisziplinen des anderen Deutschland sichteten, schlichtweg ins Netz gegangen oder ihnen rechtzeitig entwischt.

So etwa kamen der Weitspringer Torsten Kienass oder Eiskunstläufer Frank Krause zum Eishockey. Die beiden Zwanzigjährigen zählen heute zum Seniorenteam des EHC in der Zweiten Bundesliga. Mit dem gleichaltrigen Steffen Ziesche komplettiert ein weiteres EHC-Großtalent diese Troika, die den Sprung ins Profi-Lager geschafft hat. Jetzt lockt die große weite Welt. Jung-Nationalspieler Kienass etwa steht auf der Wunschliste der Boston Bruins, eines führenden Nobelvereins der nordamerikanischen Profi-Liga.

Vier Fohlen werden den Sprung in den Seniorenkreis schaffen, hatte Dynamos Juniorentrainer Klaus Schröder prophezeit. Wer also wird der lachende Vierte hinter Kienass, Krause und Ziesche sein? Beste Gelegenheit, sich für höhere Weihen zu empfehlen, bot der Samstag mit dem Spitzenspiel der Dynamos gegen die Talente des SB Rosenheim: Der EHC, Spitzenreiter der Youngster- Bundesliga, gegen den Rangzweiten aus den Bergen! Gleichzeitig hätten die Berliner den bundesdeutschen Eishockey-Trainer nachhaltig blamieren können. Dieser wagte es, mit Steffen Ziesche nur einen einzigen Kufenflitzer von der Spree für die letzte Junioren-Weltmeisterschaft zu nominieren, während die Inn-Städter gleich in Kompaniestärke berücksichtigt wurden.

Eine brisante Ausgangslage für das Gipfeltreffen in der Hohenschönhausener Eishalle! Doch aus dem erhofften Duell zweier gleichstarker Mannschaften wurde nichts. Zu überlegen agierten die brillant auftrumpfenden Berliner. Fast schien es, als hätten sie stets ein paar Schlittschuhe mehr auf dem Eis. Was mit zunehmender Matchdauer auch stimmte, denn die Rosenheimer, die regelrecht vorgeführt wurden, versuchten es mit übertriebener Härte und wurden von dem schwachen Schiedsrichter Würth mit Bankstrafen en masse überschüttet. Insgesamt teilten sich die in pubertäre Rauflust zurückgefallenen Berliner und Rosenheimer Burschen während einer Stunde Spielzeit erstaunliche 102! Strafminuten.

Stand es nach dem ersten Drittel nur 3:1 für die unter Hochspannung stehenden Jung-Dynamos, so brach in den zweiten 20 Minuten eine wahre Torflut über die Gäste herein: Mix (2), Felski sowie Ziesche leiteten mit ihren Treffern ein furioses Eisvergnügen ein. Auch im Schlußdrittel düpierten die Spree-Bären die bayerischen Stiere — Felski und Ziesche schraubten das Ergebnis auf eine finale Höhe von sage und schreibe 9:1 Toren.

Verwundert reiben sich nun die Experten ihre bayerisch geformten Augen: »Dynamo Berlin«, konstatiert nüchtern das Augsburger Fachmagazin 'Sportkurier‘, »wird immer mehr zum großen Favoriten in der Junioren-Bundesliga.« Im deutschen Nachwuchs-Eishockey weht augenscheinlich ein neuer (Ost-)Wind! Jürgen Schulz