QUERSPALTE
: »Neger« und Denunzianten

■ Vermieteranwalt beschimpft Ostberliner Mieter

An einem schweren Fall von Ossiphobie scheint der Münchner Anwalt Rainer Thieler zu leiden. Ein Mieter aus Hohenschönhausen wagte es, die Mieterhöhung vom Oktober zu monieren: Man habe entgegen dem Mieterhöhungsschreiben keine Zentralheizung, werde deshalb dafür auch keine Mieterhöhung zahlen und die Bauaufsicht bitten, dies zu überprüfen.

Postwendend kam ein Schreiben von Thieler, der die Vermieterin vertritt, zurück: Es sei typisch für viele Menschen in den neuen Bundesländern, daß sie »in Rundumschlägen insbesondere die westdeutsche Bevölkerung schikanieren und traktieren«. Auch typisch für diese Menschen sei das Anschwärzen von Dritten bei Behörden, »was Sie ja 40 Jahre lang zur Genüge und erfolgreich praktiziert haben«, so Thieler. Eine »Anschwärzung« bei der Bauaufsicht sei eine derartige Unfreundlichkeit, daß das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden könne.

Damit ließ Thieler es nicht bewenden. Die Mieter, schrieb er, hätten nunmehr nach geltendem Recht ihre Wohnung zu renovieren. Sie sollten daher innerhalb von drei Wochen sämtliche Wände, Türen, Türblätter, Fensterrahmen, Fenster und Heizkörper streichen. Dies werde man überprüfen und die Mieter gegebenenfalls verklagen. Zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung empfahl Rainer Thieler ein »im Handel jederzeit erhältliches« Buch zum Mietrecht. Autor: sein Sozius Volker Thieler.

Einen »wohlmeinenden Rat« gab Thieler den Mietern gleich noch mit: »Stellen Sie sich schnellstens auf westdeutsche Verhältnisse um und legen Sie DDR-Manieren ab. Sie kommen damit in westlichen, zivilisierten und freien Welten nicht weiter.«

Gar nicht komisch fand die Berliner MieterGemeinschaft den Brief. Sie will Anzeige wegen Volksverhetzung und Beleidigung erstatten. Die neuen Bundesbürger drohten zu »den neuen Negern der Bundesrepublik zu werden«, so die MieterGemeinschaft. Eva Schweitzer