Versklavendes Parasitentum

■ Haftstrafen für den Türken Hasan S. und die Thailänderin Wannapha B./ Ausländische Frauen zur Prostitution nach Berlin geholt/ Das »sorgenfreie Leben« ermöglichten drei gemeinsame Bordelle

Moabit. Wegen Förderung der Prostitution und Zuhälterei sind Hasan S. (30) und Wannapha B. (36) gestern vom Berliner Landgericht zu dreieinhalb beziehungsweise drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Als »parasitäres Dasein zu Lasten einzelner Prostituierter« bezeichnete der Vorsitzende Richter Föhrig das Leben der beiden Bordellbetreiber in der Urteilsbegründung.

Ausschlaggebend für die Strafe sei die an »moderne Sklavenhaltung« erinnernde Benutzung der Mädchen gewesen, die in »bunkerähnlichen Dingern« hätten essen und schlafen müssen. Im Gegensatz dazu hätten die Angeklagten ein »sorgenfreies Leben auf Kosten der Prostituierten« geführt. Das Urteil berücksichtigte nicht, daß einige der Frauen jünger als 21 Jahre alt waren. Beide Angeklagten hätten nicht gewußt, daß dies schärfer bestraft würde. Strafmildernd habe sich das »detaillierte« Geständnis des Türken S. und die bestätigenden Ergänzungen der Mitangeklagten ausgewirkt. Außerdem sollen sich beide »einigermaßen glaubhaft« von ihrem bisherigen Lebenswandel getrennt haben.

In der Zeit vom März 89 bis zu ihrer Verhaftung am 30. Juli 91 haben die damals liierten S. und B. gemeinsam zeitweilig drei Bordelle betrieben. Die Aufgaben waren verteilt. Während B. sich um die zumeist thailändischen Mädchen kümmerte, als Übersetzerin fungierte und für die Kontakte nach Thailand zuständig war, erledigte S. den organisatorischen und finanziellen Teil.

Die Prostituierten mußten mehr als zwölf Stunden täglich arbeiten, durften ohne Erlaubnis das Haus nicht verlassen und hatten keinen Anteil an dem von ihnen verdienten Geld. Sie wurden im Laufe mehrerer Wochen lediglich mit wenigen hundert Mark für Kosmetika abgefertigt. Grund dafür seien die hohen Kosten gewesen, die der Transport nach Deutschland verursacht habe, wurde ihnen vorgelogen. Diese Vermittlungsgebühr übertraf immer die in Thailand ausgemachte Summe und steigerte sich in den zwei »Betriebsjahren« von anfänglich 4.000 auf zuletzt 12.000 Mark.

Besonders schwer nachzuvollziehen sei, sagte Richter Föhrig, wie sich Wannapha B. auf diese Art Geschäfte habe einlassen können. Die Thailänderin stammt aus ärmlichen Verhältnissen, mußte früh für eine elfköpfige Familie sorgen und hatte, als sie Ende 1988 nach Deutschland kam, selbst als Prostituierte gearbeitet. Sie hätte eigentlich »besonderes Mitgefühl« für diese Mädchen haben müssen. S. wurde härter bestraft, da laut Föhrig davon auszugehen sei, »daß er auch ohne B.s Hilfe hätte tätig werden können«.

Beide Verteidiger sprachen in ihren Plädoyers das fehlende Unrechtsbewußtsein der Beamten bei der Kontrolle der rund 700 Bordelle in Berlin an. Richter Föhrig hielt in seiner Urteilsbegründung dagegen: »In aller Welt ist Föderung der Prostitution und Zuhälterei strafbar, davon hätten die Angeklagten ausgehen müssen«.

Das Verfahren gegen den Mitangeklagten Van Cha M. (49) war in der Hauptverhandlung am letzten Mittwoch abgetrennt worden. Seine Rolle bei der „Beschaffung“ einzelner Mädchen konnte aufgrund der Geständnisse von S. und B. nicht geklärt werden. sos