Senat will erneut 10.000 Stellen streichen

■ Senat will 1993 mindestens vier Milliarden Mark sparen Gesamtverschuldung wird bis 1995 trotzdem auf 45 Milliarden wachsen

Berlin. Die Sparsumme von 2,7 Milliarden Mark, die Senat und Abgeordnetenhaus für 1992 beschlossen haben, soll in den nächsten Jahren noch weit übertroffen worden. In einer Vorlage für die heutige Senatssitzung, die der taz vorliegt, verlangt Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) für die Jahre 1993 bis 1995 »weitere Haushaltsentlastungen in einer Größenordnung von mindestens vier Milliarden Mark pro Jahr«. Auch 1993 seien im öffentlichen Dienst »weitere 10.000 Stellen einzusparen«, heißt es in der Vorlage, die nach dem Willen von Pieroth heute beschlossen werden soll. Darüber hinaus verlangt der Finanzsenator »neue Weichenstellungen für den Gesamtkomplex Wohnungsbau, Stadterneuerung und Mieten«.

Hintergrund dieser geplanten Einschnitte sind die gewaltigen Lücken, die in den nächsten Jahren im Berliner Haushalt klaffen werden. Der jährliche Fehlbetrag wird von 5,9 Milliarden in diesem Jahr auf 10 Milliarden im Jahr 1993 und 14,6 Milliarden im Jahr 1995 steigen. Verschärft wird die Finanzkrise, weil die Stadt sich in den nächsten Jahren nicht in der gleichen Höhe verschulden soll wie in den Jahren 1991 und 1992.

Damit die Zinslast den finanzpolitischen Spielraum nicht vollkommen einschränke, müsse die Schuldensumme von jetzt 5,8 Milliarden auf 2 Milliarden im Jahr 1995 sinken, heißt es in dem Papier des Finanzsenators. Selbst wenn es gelinge, dieses Ziel zu erreichen, verdoppele sich bis 1995 die Gesamtverschuldung der Stadt auf dann nahezu 45 Milliarden Mark, heißt es in der Finanzverwaltung.

Die Steuereinnahmen sollen nach Pieroths Prognose zwar jährlich um 18,5 Prozent wachsen. Dies reiche jedoch nicht aus, »um die von der Bundesregierung vorgesehene Reduzierung der Bundeshilfe und den Rückgang der Einnahmen aus dem Fonds Deutsche Einheit aufzufangen«. Auch das Steueränderungsgesetz der Bundesregierung, das zur Zeit noch zwischen CDU und SPD umstritten ist, führe 1992 bis 1994 zu Steuerausfällen in Höhe von 50 Millionen jährlich.

Ebenfalls in der heutigen Senatssitzung wird Innensenator Dieter Heckelmann (CDU-nah) den Senatsmitgliedern beichten müssen, wie weit der Senat von wirklichen Einsparungen noch entfernt ist. Von den 10.000 Stellen, deren Streichung der Senat vergangene Woche vollmundig gefeiert hatte, seien zum 1. Januar lediglich 2.808 Stellen »abgesetzt« worden, heißt es in Heckelmanns Vorlage.

Der beschlossene Wegfall von 1.000 Stellen bei den städtischen Kindertagesstätten im Ostteil und deren Übertragung auf freie Träger sei »auch noch nicht ansatzweise umgesetzt worden«. Insgesamt 175 Millionen Mark will Heckelmann jetzt als sogenannte »pauschale Minderausgabe« einsparen: Nach dem Rasenmäherprinzip sollen Personalausgaben der Berliner Behörden reduziert werden, vorneweg die Kulturverwaltung mit 496 Stellen, gefolgt von der Justiz mit 398 Stellen.

Als größtes Sparschwein unter den Bezirken im Westteil ist Kreuzberg ausersehen. Sparziel: 197 Stellen. hmt