Streitgespräch Brumlik - Glotz

■ betr.: "Ein einmaliger Krieg", taz vom 18.1.92

betr.: „Ein einmaliger Krieg“,

taz vom 18.1.92

Das Streitgespräch ist immerhin ein bißchen kontrovers, wenn auch beide (ebenso wie Aly und Semler) dazu neigen, die Kriegsfolgen zu verharmlosen, obwohl sie gerade die taz-Berichterstattung eines Besseres belehren könnte. Bezeichnend ist wieder mal, daß (in der ganzen „Ein- Jahr-danach“-Berichterstattung) weder VertreterInnen aus der Friedensbewegung noch der PalästinenserInnen und anderer Gruppen, die auch etwas zu sagen hätten, zu Wort kommen.

Zwei Anmerkungen von vielen, die gemacht werden müßten: Herr Brumlik sagt, ohne den Krieg „hätte es in Israel keine... Kraft... gegeben, die auch nur ansatzweise zu Kompromissen und Gesprächen mit den Arabern, geschweige denn mit den Palästinenser[Innen] bereit gewesen wäre.“ Erst aufgrund des Krieges haben die Palästinenser[Innen] die reelle Chance einer politischen Selbstbestimmung überhaupt näher zu kommen.“ Das heißt doch, die Toten des Krieges waren das Opfer, das Israel gebracht werden mußte, damit es überhaupt bereit war, darüber nachzudenken, ob den PalästinenserInnen ihre Rechte gewährt werden könnten, die ihnen eigentlich sowieso zustehen, ginge es nach Völker- und Menschenrecht. Wenn ich Herrn Brumlik richtig verstehe, dann fällt er ein vernichtendes Urteil über die moralische Substanz der israelischen Politik. Dann verstehe ich allerdings nicht Brumliks Kritik an Israel-kritischen Stimmen in der Friedensbewegung.

Zum zweiten fallen und stoßen mir antiislamische Ressentiments à la Scholl-Latour und Konzelmann übel auf, die bei beiden anklingen: „aufschwallende Welle des islamischen Fundamentalismus“, „fundamentalistische Massen“, „Saddam Hussein als einsamer Kämpfer für den Islam“ (Brumlik), „Daß der Fundamentalismus fröhliche Urständ feiert und stärker wurde...“ (Glotz). Solche Töne in solchem Zusammenhang finde ich erschreckend.

Ich erinnere mich an taz-Artikel zu Algerien und der Türkei, in denen ebenfalls die „fundamentalistische Welle“ heraufbeschworen wurde und die von LeserInnen überzeugend korrigiert wurden. Was hier „fröhliche Urständ feiert“, ist ein rassistisch/eurozentristisch motiviertes Feindbild Islam, mit dem nach dem vom Westen unterstützten Krieg gegen den Iran nun auch, wie Brumlik dokumentiert, wenigstens teilweise der Krieg gegen den Irak — und wahrscheinlich auch der nächste Krieg — legitimiert werden soll.

„Der Aufklärung verpflichtete Linke“ sollten sich daran erinnern, wieviel Unheil die „abendländische Zivilisation“ gerade auch im Nahen Osten verursacht hat — und daraus die Konsequenz ziehen, sich mit guten Ratschlägen und militärischen Interventionen besser zurückzuhalten.

Alternativvorschlag: Wie wär's mit einem Rüstungsexportverbot? Toni Menninger, Würzburg