Das Tor zum schwarzen Kontinent

Vom Ende der Isolation verspricht sich Südafrika neue Exportchancen und ausländische Investitionen  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrika und Japan rücken einander näher. Seit die beiden Staaten vor zwei Wochen wieder volle diplomatische Beziehungen aufgenommen haben, schließt sich für Südafrika eine der wenigen diplomatischen Lücken, die noch aus der Zeit der internationalen Isolierung geblieben sind. Wichtiger als die diplomatische Symbolik sind aber die wirtschaftspolitischen Konsequenzen: Nach seinem energischen Vorstoß in die Märkte Osteuropas verzeichnet Südafrika jetzt auch Erfolge in der ebenso wichtigen Pazifikregion. Und Japan kann einen Brückenkopf für den noch unerschlossenen Markt des afrikanischen Kontinents aufbauen. Trotz der auch von Japan verhängten Sanktionen blieb das fernöstliche Exportland zusammen mit Deutschland und den USA immer einer der drei wichtigsten Handelspartner Südafrikas. Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen etwa drei Milliarden US-Dollar. Als erstes dieser drei Länder hob Japan im Oktober mit Ausnahme des Waffenembargos alle Sanktionen auf, was vom Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) scharf kritisiert wurde, der die wirtschaftlichen Sanktionen vorläufig noch aufrechterhalten möchte. Die Bedeutung Japans als Markt für südafrikanische Rohstoffexporte wurde im Oktober deutlich, als japanische Firmen bei dem Stahlkonzern Iscor Eisenerz im Wert von mehreren Hundert Million Dollar bestellten. Für die südafrikanischen Exporteure ein erster Erfolg; seit Jahren bemühen sie sich, in der Pazifikregion Fuß zu fassen. Bisher war lediglich Taiwan, wie Südafrika ein internationaler Außenseiter, treuer Partner des Apartheid- Staates.

Neben der Pazifikregion ist auch Osteuropa ein wichtiges Zielgebiet südafrikanischer Wirtschaftspolitik. Mit fast allen ehemaligen kommunistischen Ländern hat das Land inzwischen diplomatische Beziehungen aufgenommen. Zusätzlich gibt es eine ganze Serie von Handelsabkommen. Dabei spielt eine gewisse Solidarität zwischen wirtschaftlichen Schwellenländern und solchen, die es gerne sein wollen, eine wichtige Rolle: Für Südafrika sind Osteuropa und große Teile des Pazifik leichter zugänglich als etwa die stark geschützten Märkte der EG oder USA.

Die Bedeutung Südafrikas als Tor zum afrikanischen Markt wird inzwischen von allen Industrieländern erkannt. Seit Beginn der Reformen geben sich Wirtschaftspolitiker, Geschäftsleute und Handelsvertreter aus aller Herren Länder in Johannisburg und Kapstadt die Klinke in die Hand. Dabei ist ein regelrechtes Drängeln um die besten Startpositionen im Land zu verspüren, das nur noch zum Teil durch politische Zurückhaltung gedämpft wird. Ein zukünftiger Post-Apartheid-Staat stellt für die ausländischen Investoren eine gute Ausgangsbasis für jene afrikanischen Länder dar, die sich in der „Konferenz für Entwicklungskoordination im südlichen Afrika“ (SADCC) zusammengetan haben, darunter Namibia, Tansania, Simbabwe und Botswana. Attraktiv ist dabei vor allem Südafrikas funktionierende Infrastruktur. Seit längerem verfolgt die amtierende südafrikanische Regierung einen Plan, im südlichen Afrika einen gemeinsamen Markt zu entwickeln. Die anderen Staaten jedoch fürchten die Dominanz des ökonomisch mächtigeren Nachbarn. Der ANC versucht indes, den SADCC-Ländern die Angst zu nehmen: Unter ihrer Regierung würden deren Wirtschaft und Kleinindustrie nicht geschluckt.

Das gesteigerte Interesse der Wirtschaftsvertreter bedeutet zwar nicht, daß sofort Milliardenbeträge in Südafrika investiert werden. Aber mit dem Blick auf den riesigen afrikanischen Markt will jedes Land zumindest einen Vorposten einrichten. Seit Monaten kursieren beispielsweise Gerüchte, daß der japanische Mazda-Konzern sich direkt an dem Lizenzunternehmen beteiligen will, das in Südafrika Mazda-Autos herstellt. Und eine Reihe europäischer Autokonzerne hat schon detaillierte Marktstudien für Afrika entwickeln lassen.