: Tempo & Inhalt gegen Dudelfunk
■ Hermann Vinke, neuer Hörfunkchef von Radio Bremen, will die Kreativität im Sender neu beleben
Seit Montag abend ist die Stimmung im Hörfunkhaus von Radio Bremen „ein ganzes Stück“ besser geworden. So hat es zumindest Hermann Vinke wahrgenommen, nachdem er, gerade zum Programmdirektor Hörfunk gewählt, seinen Antrittsbesuch bei seinen künftigen KollegInnen machte. Die hatten sich schon letzte Woche einstimmig für Vinke entschieden, am Montag folgte der Rundfunkrat mit großer Mehrheit diesem Votum.
Spätestens zum ersten April wird der neue Besen von seinem bisherigen Arbeitsplatz als Leiter des ARD-Studios in Ostberlin auf den Chefsessel beim Bremer Hörfunk gewechselt haben. Und Vinke wird gut kehren müssen, um Radio Bremen aus der Agonie zu erwecken. Auch wenn die Stimmung unter den Beschäftigten nach der Wahl besser sein mag, die Lage ist mies. Die Einschaltquoten grade der Hansawelle sind drastisch gesunken, eine Entwicklung, die auch die Werbeeinnahmen bedroht.
„Der Sender ist an einer schwierigen Stelle angekommen“, ist auch Vinkes Lageeinschätzung, „einige Teile entsprechen nicht mehr dem alten Radio Bremen-Image und -Standard.“ Und weil das so ist, will Vinke schnell den Versuch machen, „Publikum zurückzugewinnen“. Für die MacherInnen und HörerInnen von Radio Bremen heißt das: Wieder eine Reform der Programmstruktur, die in den vergangenen Jahren immer wieder halbherzig angegangen wurde. Am wenigsten Reformbedarf sieht Vinke bei der Jugendwelle, den dringendsten beim Massenprogram Hansawelle. Die soll „ziemlich schnell“ zu einer unterhaltenden Informations- und Servicewelle umgebaut werden, die der Konkurenz der Privaten standhält: „Neben den Dudelwellen müssen wir ein Stück Rundfunkqualität anbieten, das nicht bieder daherkommt, temporeich, flott und inhaltlich gewichtig“, so Vinkes programmatische Vorstellungen, die er den künftigen Untergebenen aber nicht als „durchgestyltes Schema von halb sechs bis Mitternacht“ vorsetzen will. „Die erste Aufgabe wird es sein, ganz schnell eine Diskussion darüber in Gang zu setzen.“ Und dann soll auch darüber diskutiert werden, wie das zweite und dritte Hörfunkprogramm ein genaueres Profil herausarbeiten können. Eins ist für Vinke dabei klar: Ein „Stück bremischer“ soll es künftig zugehen. „Der Sender wird sein Gewicht in Bremen ausbauen. Auf jeder Welle muß eine regionale Verankerung erkennbar sein.“ Und zwar auf allen vier: Eines der Programme aus finaziellen Gründen aufzugeben, darüber will Vinke „im Moment“ nicht nachdenken.
Ob er neue Leute holen will, dieser Frage weicht Vinke aus. Es gebe viele gute Leute bei Radio Bremen, ist er sich sicher. Aber daß gut sein alleine nicht reicht, weiß er. „Eine wichtige Aufgabe wird sein, die Motivation der Mitarbeiter, da wo sie zum Teil verschütt gegangen ist, neu zu wecken und die Kreativität im Sender zu beleben.“ hbk
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