KEIN ANSCHLUSS UNTER DIESER NUMMER Von Ralf Sotscheck

Michael Smurfit, der reichste Mann Irlands, hatte auf dem Gipfel seiner unternehmerischen Karriere das Management der halbstaatlichen Telefongesellschaft Telecom Eireann als Nebenjob übernommen. Im vergangenen Jahr stellte sich jedoch heraus, daß er für zwei Telecom-Gebäude das Doppelte des üblichen Marktpreises gezahlt hatte. Fatalerweise war er gleichzeitig auch Verkäufer der beiden Betonklötze. Smurfit mußte seinen Hut nehmen.

Ein Telefon wurde auch dem schillernden irischen Premierminister Charles Haughey zum Verhängnis. Vor neun Jahren hatte sein damaliger Justizminister Sean Doherty die Telefone von zwei Journalisten angezapft und wurde flugs aus dem Kabinett gefeuert, als die Sache ruchbar wurde. Jetzt hat Doherty gepetzt: Haughey wußte damals von Anfang an Bescheid. So findet seine 30jährige Karriere morgen bei der Parlamentsdebatte wohl ein jähes Ende.

Lauschangriffe auf nichtsahnende Bürger sind keine Seltenheit, wie eine Lehrerin während des letzten großen Streiks erfahren mußte. Um finanziell über die Runden zu kommen, hatte sie einen Job als Putzfrau angenommen — bei Telecom. Nach Dienstschluß trank sie noch ein Täßchen Tee mit den Technikern, die ihr danach die Abteilung mit den verwanzten Telefonnummern zeigten. Zu ihrem Entsetzen fand sie ihre eigene Nummer darunter.

Manchmal sind irische Telefone gar zu Wundern fähig. Nachdem ich den Anruf eines politischen Buchladens aus dem nordirischen Derry erhielt, drückte der Buchhändler mitten im Gespräch versehentlich auf die Gabel. Ich hatte noch nicht aufgelegt, als im Hörer plötzlich ein Rufzeichen ertönte. Der Buchhändler meldete sich und sagte: „Danke, daß du so schnell zurückgerufen hast.“ Hatte ich nicht. Das hatte das Telefon eigenmächtig getan.

Jedenfalls sind die Zeiten, wo ein Ferngespräch zur Tagesbeschäftigung werden konnte, seit zehn Jahren vorbei. Damals mußte man sich noch mit 60 Münzen zu fünf Pence ausrüsten und auf einen kooperationsbereiten „Operator“ in der Vermittlung hoffen. War die Verbindung hergestellt, mußte man die Münzen in Achtergruppen einwerfen und zwischendurch auf einen Knopf drücken. Nach drei Minuten schaltete sich der Operator dann in das Gespräch ein und bat darum, so langsam Schluß zu machen. Heute verfügt Irland über das modernste Telefonsystem Europas.

Mein Nachbar wollte lediglich das Telefon der Vormieter übernehmen und rief zu diesem Zweck bei Telecom an. Die Auskunft war frappierend: „Das dauert mindestens sechs Monate. Wir haben keine Leitungen in dieser Gegend.“ Der Nachbar wandte ein, daß er ja gerade von zu Hause aus anrufe. Das machte jedoch nicht den geringsten Eindruck auf den Beamten: „Nein, das kann nicht sein.“ Erst nach sechs Monaten merkte Telecom, daß da jemand auf einer nicht existierenden Leitung gebührenfrei telefonierte.

Vor zwei Wochen erhielt ich an einem Sonntag morgen den Anruf eines Telecom-Mitarbeiters, der triumphierend den Fortschritt verkündete: „Sie sind jetzt auch digitalisiert.“ Der Techniker, der die Schaltung vorgenommen hat, war es offenbar nicht. Seitdem sind nämlich sämtliche Versuche fehlgeschlagen, die taz in Berlin zu erreichen. Jedesmal meldet sich dieselbe sonore Stimme vom Band: „Telecom Neuseeland teilt mit, daß sich die Nummer geändert hat.“