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Lafontaines Nato-Ideen vom Tisch

SPD setzt auf die KSZE als Instrument einer kollektiven Sicherheitspolitik/ Basis liest Führung die Leviten  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Die vom stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine vorletzte Woche geäußerten Überlegungen über „Sicherheitsgarantien“ der Nato für die GUS-Staaten und einen Einsatz der Bundeswehr auf deren Territorien sind vom Tisch. Auf den Sitzungen von Parteirat und -vorstand, die sich gestern und am Montag mit den außen- und sicherheitspolitischen Positionen der SPD nach den Veränderungen in Europa befaßten, wiederholte Lafontaine diese Vorstellungen nicht. Aus den Diskussionen wurde deutlich, daß die SPD künftig auf die Weiterentwicklung der KSZE zu einem kollektiven Sicherheitssystem für Gesamteuropa setzt. Eine vom Parteivorstand eingesetzte Kommission, die die bisherige Beschlußlage der Partei an die neuen Gegebenheiten anpassen soll, wird erste Zwischenergebnisse möglicherweise bereits im März vorlegen.

Mit deutlichem Verweis auf die Lafontaine-Äußerungen warnte der Bundestagsabgeordnete Verheugen davor, bei dieser „notwendigen Anpassung bisherige Grundsätze der SPD umzuwerten“. Auch nach den Veränderungen in Europa bleibe es „richtig, ausschließlich friedliche Mittel zur Konfliktregelung einzusetzen“. Die „Herstellung struktureller Nichtangriffsfähigkeit“ in ganz Europa bleibe auch zukünftig ein „völlig unaufgebbares Ziel“. Der Rahmen für eine solche Politik könne nur eine wesentlich gestärkte KSZE sein.

SPD—Präsidiumsmitglied Heidemarie Wieczorek-Zeul, die zusammen mit Johannes Rau die vom Vorstand eingesetzte Kommission leitet, forderte, die KSZE zu einem „völkerrechtlichen System“ mit „vertraglich verbindlichen“ Regeln auszubauen. In einer von ihr und dem Abgeordneten Norbert Gansel formulierten Erklärung des Parteivorstandes wird die Aufnahme aller GUS-Staaten in die KSZE gefordert. In der Aufnahme auch der zentralasiatischen Republiken der Ex-UdSSR könne die KSZE „Brücken aufbauen zu den Nachbarstaaten nichteuropäischer Kulturkreise“. Die SPD fordert die Verbringung „sämtlicher Kategorien taktischer Atomwaffen in Ost und West in international kontrollierte und gesicherte Depots zum Zweck ihrer baldigst möglichen Vernichtung“. Mit Blick auf die von Nato und USA auch nach den jüngsten Ankündigungen Präsident Bushs weiterhin aufrechterhaltene Option zur Stationierung neuer flugzeuggestützter Atomwaffen in Westeuropa heißt es, dies „vergrößert die Gefahr“, daß „andere Staaten einen Vorwand erhalten, taktische Atomwaffen entwickeln bzw. kaufen zu wollen“ und daß „mit der Aufteilung der sowjetischen Atomwaffen mehrere Atommächte entstehen“.

Diskussionbedarf besteht in der SPD jetzt vor allem noch über die Zwischenschritte vom Militär-und Verteidigungsbündnis Nato (Verheugen: „anachronistisch“) hin zum kollektiven Sicherheitssystem KSZE.

Die Parteibasis nutzte die öffentliche Sitzung des Parteirats zu heftiger Kritik insbesondere an Fraktionschef Klose. Der Vorstoß zu einer flexibleren Arbeitszeitregelung während der Tarifauseinandersetzung sei „töricht“, kritisierte Antje Huber. Der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Willy Piecyk warf Klose und anderen Spitzenleuten vor, sie trieben ohne Rücksicht auf die Partei „täglich eine eigene Sau durchs Dorf“. Die südhessische Parteichefin Heidi Wieczorek-Zeul kritisierte die Profilierungslust mancher SPD-Männer zu Lasten anderer. Günter Verheugen sprach von „anarchischen“ Stimmungen in der Führung.

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