Essen schikaniert Asylbewerber

Essen (taz) — Die Stadtverwaltung in Essen verweigert mehreren schwarzafrikanischen Asylbewerbern, die sich gegen die Abschiebung nach Sachsen wehren, seit Wochen die Unterbringung und die Auszahlung von Sozialhilfe. Dabei setzen sich die Bürokraten in der SPD-regierten Ruhrmetropole gleich über mehrere Gerichtsentscheidungen ohne jede Scham hinweg. So hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster am 15. Oktober 1991 entschieden, daß eine Zuweisung von Asylbewerbern nach Sachsen wegen der dortigen Bedrohung von Ausländern „nicht verantwortet“ werden könne. Mindestens bis zum 31. 1. 1992, so urteilte das OVG im Falle eines nigerianischen Asylbewerbers, dürfe der Mann nicht von NRW nach Sachsen abgeschoben werden. Während die meisten Kommunen in NRW daraufin die Zuweisung nach Sachsen stoppten, stellte sich die Verwaltung in Essen dumm. In einem Schreiben des Essener Sozialamtes vom 20. 12. 91 wird die Zahlungsverweigerung damit begründet, daß „der Antragsteller den Wohnsitz an dem Wohnort nehmen kann, der ihm zugewiesen worden ist; seine Mittellosigkeit kann dort behoben werden. Im Freistaat Sachsen würden „die Menschenrechte nach demokratischen Grundsätzen geschützt. Einzelvorkommnisse stellen keine Begründung dafür dar, der Umverteilung nach Sachsen nicht Folge zu leisten. Eine Gefahr für Leib und Leben kann dort nicht unterstellt werden.“ Zwar fiel die Stadt mit dieser Argumentation beim zuständigen Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen gleich mehrmals durch, doch an der städtischen Praxis änderte sich nichts. Noch am 6. Januar 1992 bestätigte das VG Gelsenkirchen unter Bezugnahme auf die OVG-Entscheidung vom letzten Jahr, daß die Zuweisung des angolanischen Staatsangehörigen Pedro M. nach Sachsen „wegen der ungünstigen Sicherheitslage für Ausländer dort“ bis zum 31. 1. 92 nicht durchgesetzt werden könne. Sozialhilfe erhielt Pedro M. gleichwohl nicht. Das daraufhin vom Essener Rechtsanwalt Klemens Roß eingeleitete Eilverfahren endete zwar am 22. 1. 92 mit einem Beschluß, der die Stadt zur Zahlung verpflichtet, aber auf die Auszahlung wartet Pedro M. immer noch. Walter Jakobs