Trügerische Ruhe in Mogadischu

Einer der Kriegsherren in Somalia erklärte Bereitschaft zu Waffenstillstand/ UN-Truppen umstritten  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Seit zwei Tagen werden aus Somalias Hauptstadt Mogadischu keine neuen Kämpfe mehr gemeldet — besteht Hoffnung auf ein Ende des Bürgerkrieges? Am Wochenende hatte einer der Anführer der verfeindeten Fraktionen, General Farrah Aideed, öffentlich seine Bereitschaft zu einem Waffenstillstand erklärt. Sein ihm militärisch unterlegener Gegner, Interimspräsident Ali Mahdi, hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach dafür ausgesprochen.

Skepsis gegenüber der Waffenruhe

Trotz der Waffenruhe und der jüngsten Absichtserklärungen aber wird die Situation von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen unterschiedlich beurteilt. Während ein ausländischer Helfer gegenüber der taz erklärte, er sei optimistisch hinsichtlich eines baldigen Verhandlungsbeginns, meinte die Sprecherin einer anderen Organisation: „Wir werten General Aideeds Äußerungen lediglich als taktisches Manöver, das ihm ein besseres Image in der Welt verschaffen soll.“

Tatsächlich sind die Bedingungen eines Waffenstillstands auch weiterhin zwischen den Parteien strittig: Ali Mahdi fordert Verhandlungen auf der Grundlage der somalischen Friedenskonferenz in Djibouti, auf der er im letzten Sommer als Interimspräsident bestätigt worden war. Farah Aideed erkennt das Ergebnis dieser Konferenz nicht an. Der Bruderkrieg ist für Außenstehende nur sehr schwer verständlich: Beide Kontrahenten gehören zum USC (Vereinigter Somalischer Kongreß), dem es vor einem Jahr gelungen war, den langjährigen Präsidenten Siad Barre aus der Hauptstadt zu vertreiben. Schwerwiegende politische oder ideologische Unterschiede zwischen Ali Mahdi und Farrah Aideed lassen sich nicht erkennen. Beobachter werten die Kämpfe daher vorwiegend als Ausdruck der Rivalität zwischen den verschiedenen Untergruppen des Hawiye-Klans, zu denen die Gegner jeweils gehören. Die Lage wird zusätzlich dadurch kompliziert, daß ursprünglich neutrale Klans ins Kampfgeschehen eingegriffen haben und darüber hinaus die Zahl plündernder Banditengruppen wächst.

Es erscheint unter diesen Umständen fraglich, ob ein Waffenstillstand ohne Einsatz von UN-Friedenstruppen überhaupt Bestand haben kann. Ali Mahdi hat die Intervention ausländischer Militärs gefordert, General Aideed aber lehnt diese nach wie vor strikt ab. Die UNO, die sich in den Krieg erkennbar nicht zu tief verstricken lassen will, ist jedoch zu einem militärischen Einsatz vorläufig nur bereit, wenn alle Parteien diesem Schritt zustimmen. Beobachter fürchten daher, daß die gegenwärtige Waffenruhe möglicherweise nur eine Atempause vor dem Ausbruch neuer Kämpfe darstellt.

Für die hungernde Bevölkerung wäre das eine Katastrophe: Das Welternährungsprogramm und das Kinderhilfswerk UNICEF haben zwölf Millionen Dollar bereitgestellt, mit denen Hunger, Wassermangel und Medikamentenknappheit bekämpft werden sollen. Die Hilfsgüter werden aber nur im Falle eines Waffenstillstandes auch verteilt. Angesichts der neuen Lage ist aber immerhin jetzt ein Anfang gemacht worden: UNICEF hat Medikamente für Somalia im Wert von fast einer Million US-Dollar gekauft. Sie sollen Mogadischu im Laufe der nächsten zwei Wochen erreichen — falls die Sicherheitsprobleme sich nicht erneut zuspitzen.