: Liebesknochen für Bremen
■ Andreas Soltmann ist Bildhauer und Steinmetz-Meister und sauer / Ein Blick in seine Werkstatt
hierhin bitte den
Männerkopf mit Brille
Andreas Soltmann ist schwer sauer. Der 34-jährige Bildhauer aus Bremen liebt und verwöhnt seine Stadt, und die dankt es ihm nicht. So stellte er freiwillig und gratis 1990 eine große Skulptur (Der zerbrochene Akt, 2 Meter lang, 2.1 Tonnen schwer) vor dem Huchtinger Schulzentrum Hermannsburg auf. Als Dauerleihgabe. Aus Behörde und Kulturszene: keine Reaktion. Doch die Liebe zu Bremen blieb.
Jetzt plant er ein 3,50 Meter- Objekt für den „Park links der Weser“ an der Ochtum: einen überdimensionaler Knochen, der aus bestimmten Perspektiven wie eine „Liegende“ aussieht. 1 Jahr Arbeit, 17.000 Mark für den Sandsteinblock, 3.000 Mark Transport: Das kann Soltmann nicht allein. Er also sammelt Sponsoren und macht und tut und jetzt: flattert ihm ein Steuerbescheid ins Haus, eine saftige Nachzahlung für '89. Von seiner Stadt! Da hat er fast das Modell für die „Liegende“ zerschlagen vor Wut.
Urnen, Kreuze, eine kniehohe betende Madonna, angefangene Grabsteinplatten „Ich weiß daß mein Erlöser...“ und Gipsmodelle einer Nike, eines Granatapfels und der „Liegenden“: In diesem Ambiente arbeitet Andreas Soltmann und hat zwei Berufe. Im Brotberuf ist er Steinmetz und haut und ritzt Grabsteine. Die Firma, die er mit seinem Kollegen Axel Müller betreibt, liegt in Delmenhorst auf dem Gelände der ehemaligen „Nordwolle“; Soltmann ist Meister und bildet Lehrlinge aus.
Eigentlich aber ist Andreas Soltmann Künstler, Bildhauer, das ist „wie eine Art Sucht“, sagt er. In jeder „freien“ Minute geht er mit Raspel und elektrischem Meißel seinem Staduario Carrara-Block an die Substanz: Ein Stein ist das, einmalig, feinkörnig, dabei stabil und filigranst zu bearbeiten. Teuer! 10.000 Mark der Kubikmeter. Soltmann kauft ihn direkt in Italien ein.
Er arbeitet figürlich, mit einem leicht surrealistischen Einschlag. „Ich verweigere mich der absoluten Abstraktion. Der normale Mensch soll etwas damit anfan
hierhin bitte das
Foto von dem sonderbaren
Klavier
Soltmanns „sich verweiblichendes Klavier“, gebaut für eine Hespos-Oper
gen können. Dann kann bei ihm was passieren.“ Was? Das Nachempfinden. Ein weiblicher Teiltorso entwächst einem Granatapfel: „Vertreibung aus dem Paradies“. Ein echtes Klavier geht in einen weiblichen Körper über: „Penetration eines sich verweiblichenden Klavieres.“ Dieses Objekt gehörte einer Hespos-Oper von 1987 an, der „Nachtvorstellung“ im Concordia.
Vor der Tür steht ein Volvo
-Kombi mit schwedischem Kennzeichen, daneben ein Lager mit Platten schwedischen Granits. Soltmann hat in Halmstadt/Südschweden einen zweiten Wohnsitz. Dort geht's ihm gut, man weiß seine Arbeit zu schätzen, ein lokaler Steinbruch-Unternehmer setzt seinen ganzen Maschinenpark in Bewegung, um dem Künstler eine bestimmte Platte aus dem Berg zu schneiden.
Andreas Soltmann ist sich nicht mehr sicher, ob er das große Objekt für Bremen noch realiseren wird. Undank und Steuerquerelen in seiner Heimat (wenn er als Künstler schlecht verdient, wird seine Arbeit steuerlich als „Hobby“ gewertet und entsprechend benachteiligt) machen Soltmann „enttäuscht“. Woran liegt's? „Ich bin eben nicht einer, der immer mit Manske (Behördenreferent für Kunst im Öffentlichen Raum / B.S.) saufen geht oder den Bildhauer-Professoren in den Hintern kriecht.“ Burkhard Straßmann
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