KOSLOWSKIS GITTA PLAUDERT VOM SOFA

Also, der Ostler, die Delphine und ich am mexikanischen Golf — das wär' noch mal 'ne ganz eigene Geschichte ... hättich auch gerne erzählt. Wenn hier nicht — kaum waren wir zu Hause — sofort wieder die Nachrichtenwutz abgegangen wär. Schaller greift ganz lässig zum Njuspäiper — und wird ganz aufgeregt: sein lieber, schöner Stolpe — und noch Till Meyer! Das war echt tu matsch, obwohl ich immer wieder gesagt habe, daß das größte Problem seiner Heimat nicht die Stasi, sondern die ganzen verlogenen Protestanten seien — na ja, — er hat's nicht glauben wollen — kein Wunder: Katholiken hat er nie getroffen, und jüdisch sind ja jetzt in Wirklichkeit plötzlich alle auf einmal. Außer den Stasi-Spitzeln natürlich — mein Gott, das hab' ich wirklich nur so dahingesagt, da ist der wieder sofort in die Luft — ich hab's noch zu retten versucht, hab' gesagt, daß ja jetzt auch und sogar in der taz und so ... jaa, da hat er ja fast hyperventiliert vor lauter Häme und Schadenfreude: „Dieses Langweilerblatt hat doch genau den adäquaten Dumpf-Spion gekriegt, den es verdient hat — AUS ÜBERZEUGUNG — das muß man sich mal vorstellen! Wenn er statt seiner blöden Kaderschriften wenigstens mal zwischendurch einen Blick in Pontecorvos „Queimada“ geworfen hätte — Marlon Brando war nie soo schön und überzeugend wie in diesem Film— dann hätte er begriffen, was jeder Le Carre- und Freemantle-Leser schon lange weiß: Politische Überzeugung ist ein bedenkliches Zeichen von Unintelligenz und führt unweigerlich zum Tod.“ — Ich gestehe es ganz ehrlich: Manchmal möcht' ich meinen Ostler küssen, bis er umfällt, so süß find' ich ihn in seinem Lerneifer, aber man muß ihn selbstverständlich stoppen, wenn er sich zu sehr im Dschungel der neuen Theorien verlaufen hat,— aber dafür hatter mich ja. „Sieh mal, Liebling“, sage ich, „das Leben aller Menschenwesen, ob dumm oder genial, führt unweigerlich zum Tod, — das ist quasi der Sinn des ganzen Lebens — aber bis dahin hast du natürlich völlig recht, was den taz- Till-Thrill angeht. WIE PASSEND die miteinander waren und noch immer sind, hat man ja auch an der pathologisch-pathetischen Redaktionskommentierung des komischen Vorfalls lesen können: EINE NATTER haben sie an ihrem Busen GENÄHRT— ja, mit was denn, fragt man sich angesichts der ausgemergelten Hartleibigkeit der selbsternannten Post-Apo-Amme, die einfach nicht abtreten will.“ „Mit Silicon wahrscheinlich“, murmelt Schaller gehässig und zitiert aus seinem derzeitigen Lieblingsbuch „Die neue Inquisition“ von Robert A. Wilson (2001) zum Thema: „Je mehr wir uns dieses Prozesses des Aufstülpens einer Struktur bewußt sind, um so freier können wir uns bewegen und das ganze Leben hindurch lernen. Je mehr wir diesen Prozeß verdrängen, um so stärker entwickeln wir uns zu Fundamentalisten (taz) und Götzendienern (Till), die nach dem (meist unbewußten) Zeitpunkt, an dem sie eine Verallgemeinerung zu einem Dogma erheben und aufhören zu denken, nie mehr dazulernen.