ÖTV-Chefin weiß nichts von Bitte an DDR

■ Der Vorwurf, beim Transportstreik 1983 mit dem DDR-Regime gekungelt zu haben, bleibt am damaligen Streikführer Merten hängen/ ÖTV-Vorsitzende lehnt jede Verantwortung ab

Stuttgart (taz/ap/afp) — Die ÖTV- Vorsitzende Monika Wulf-Mathies hat am Donnerstag in Stuttgart den Vorwurf zurückgewiesen, im Zusammenhang mit dem Fernfahrerstreik von 1983 die Unterstützung der DDR-Regierung gesucht zu haben.

Am Mittwoch dieser Woche hat der Unionsobmann des Schalck-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Joachim Hörster, einen Brief des damaligen DDR-Außenministers Oskar Fischer an Honecker publik gemacht. (Die taz berichtete.)

Darin hatte Fischer die „vertrauliche“ Bitte des ÖTV-Hauptvorstandes an die DDR-Regierung übermittelt, bei Schwerpunktstreiks Unterstützung zu leisten.

Unter anderem soll vom Gewerkschaftsvorstand vorgeschlagen worden sein, nach Streikende auf den Transitwegen von und nach West- Berlin keine versteckten Radarkontrollen durchzuführen.

Für diesen Vorgang hat nun gestern Frau Wulf-Mathies, die seit 1982 Vorsitzende der ÖTV ist, jegliche persönliche Verantwortung von sich gewiesen. Vielmehr sei damals der derzeitige Vizechef der Gewerkschaft, Siegfried Merten, beauftragt worden, die DDR sowie die für die Transitwege zuständigen Alliierten über den Streik zu informieren und nicht um Hilfe zu bitten.

Falls er sich nicht an die Vereinbarung gehalten haben sollte, so die ÖTV-Vorsitzende vor der Presse in Stuttgart, sei dies „äußerst problematisch“. Von einer Bitte um Unterstützung sei im geschäftsführenden Vorstand jedenfalls niemals die Rede gewesen. Details sollen damals im Hauptvorstand aber nicht besprochen worden sein.

Für die Empörung, die der „ungeheuerliche Verdacht“ eines Zusammenspiels der ÖTV mit der DDR- Regierung ausgelöst habe, zeigte Monika Wulf-Mathies „volles Verständnis“.

Als besonders abwegig bezeichnete sie es, wenn „ausgerechnet die DDR, in der es keine freien Gewerkschaften gab und ein Streikrecht nicht existierte“, um Hilfe bei einem Arbeitskampf gebeten worden wäre. Es komme ihr allerdings „seltsam“ vor, daß dieser Vorwurf ausgerechnet jetzt, unmittelbar vor Beginn der Tarifrunde im öffentlichen Dienst, auftauche.

Damit bleibt der Vorwurf der Kungelei mit dem DDR-Regime zunächst an Siegfried Merten hängen, der heute Chef des Automobilclubs ACE ist.

Merten hat sich bereits am Mittwoch gegenüber mehreren Zeitungen damit verteidigt, es sei seine Pflicht als Streikführer gewesen, die Fernfahrer nach Ende des Arbeitskampfes vor Beeinträchtigungen durch die DDR-Organe zu schützen. Im übrigen habe es sich um „ganz normale Vorkehrungen bei der Vorbereitung eines Transportstreiks“ gehandelt. bg