Durch deutsche Lande

■ „Heißt es 'Blick nach rechts', gucken wir links..“

Der große Moment, den alle DorbewohnerInnen mit Spannung erwartet haben: Ein Konferenzbus biegt um die Ecke, „die Kommission ist da!“

In etwa einer Stunde heißt es für die elfköpfige Bewertungskommission, Vorzüge und Nachteile des Dorfes geübten Auges zu erkennen — das ist Programm der „Bereisung“: Vier Wochen lang, mit einem Wochenende „Heimaturlaub“, fuhren elf Experten aus den verschiedensten Bereichen in einem gecharterten Konferenzbus durch die deutschen Lande — auf daß sie herausfänden, welches Dorf das schönste sei.

Insgesamt 33 Landessieger nahmen sie in Augenschein: „Überall veranstalten die Leute etwas anderes“, erzählt Dr. Richard Lammel, Referatsleiter im Bonner Landwirtschaftsministerium, der im Wettbewerb 1991 zwei Wochen lang diese Kommission unter seinen Fittichen hatte.

In Granstedt ging es mit der Pferdekutsche durchs Dorf: „Natürlich haben alle das Bestreben, nur die Schokoladenseiten zu zeigen. Wenn wir merken, daß da eine festgelegte Tour gefahren wird, da machen wir nicht mit..“ Jawohl, und wenn der Bürgermeister sage „alle mal nach links schauen“, dann sähe die Kommission garantiert nach rechts.

Zwei verschiedene Typen hat Lammel bei der Repräsentation ausgemacht: „Bei Typ 1 haben die Kinder schulfrei und singen quasi die Nationalhymne — das erwartet uns meistens. Und bei Typ 2 stehen da der Bürgermeister und der Gemeindevorsteher und zeigen uns Baupläne und Blaupausen.“ Der Showeffekt sei aber nicht das Wichtigste, sondern was das Dorf aus den Gegebenheiten gemacht habe: „Sonst würden immer nur die Dörfer im Voralpenland gewinnen...“

„Ich habe mich immer auf das nächste Dorf gefreut“, so Lammel, obwohl auf der Mammuttour zwei bis drei Dörfer am Tag besichtigt werden. Im nächsten Wettbewerb wird er übrigens nicht wieder dabeisein: Dann übernimmt nämlich „die Gräfin Sonja“, mit vollem Namen Sonja unten von der Mainau und Vorsitzende der Deutschen Gartenbaugesellschaft, den Vorsitz und wird sich von Deutschlands DorfbewohnerInnen gräflich empfangen lassen.

Der Ablauf wird auch mit adeligem Vorsitz derselbe sein: Wenn die Prozedur vorbei ist, steigt die Kommission wieder in ihren Bus und konferiert auf dem Weg zum nächsten Dorf. Anhand einer Punkteskala gibt es eine vorläufige Einstufung des Dorfes. „Unterschiedliche Blickwinkel gibt es oft, aber gestritten haben wir uns nie“, sagt Lammel. Schließlich geht es auch nicht ums Geld, sondern „nur“ um die Ehre. Im zurückgelassenen Dorf geht derweil das große Zittern los... skai