: Gerüchte um Stadtwerke-Verkauf
■ Stadtwerke sehen mit Sorge in die Zukunft / Politik: Unsinnige Idee
Werden die Bremer Stadtwerke in nicht allzuferner Zukunft von einem großen Energieversorger geschluckt? Oder zieht der Senat gar bald die Notbremse und verkauft das kommunale Unternehmen, solange es noch etwas wert ist? Diese Fragen werden zur Zeit auf der Chefetage des Unternehmens diskutiert. Für den Stadtwerkevorstand gibt es gleich zwei Gründe, besorgt in die Zukunft zu sehen. Einen davon hat Stadtwerke-Chef Günter Czichon den MitarbeiterInnen im Dezember in der hauseigenen Zeitung mitgeteilt: „Höchste Gefahr aus Brüssel“, meldete Czichon.
In der Tat will die EG großen Stromabnehmern den Stromeinkauf bei jedem beliebigen Stromerzeuger in Europa ermöglichen, um auch diesen Markt der freien Marktwirtschaft auszuliefern. Czichon fürchtet, daß die Ertragslage der Stadtwerke sich erheblich verschlechtern würde, wenn sie gezwungen wäre, auswärtige Konkurenten zu unterbieten, um beispielsweise den Strom-Großkunden Klöckner zu halten. Und bei dem Abwehrkampf, so die schwarzseherische Schlußfolgerung, könnten die Stadtwerke ökonomisch so geschwächt werden, daß dann eine feindliche Übernahme, beispielsweise durch den Energieriesen und AKW-Betreiber Preußen Elektra erfolgen könnte.
Punkt zwei des Katastrophenszenarios greift viel früher: Wenn das Bundesverfassungsgericht in seinem anstehenden Urteil zum Länderfinanzausgleich den Bund zur Teilentschuldung Bremens verpflichten würde, dies aber unter der Maßgabe, daß auch Bremen einen Eigenanteil beisteuern müßte, dann könnte der Senat auf die Idee kommen, das letzte Bremer Tafelsilber, sprich: die Stadtwerke, zu veräußern.
„Ich habe solche Gerüchte gehört“, meinte Stadtwerke-Vorstand Jörg Willipinski auf Nachfrage. In der Tat stelle sich für die Stadtwerke die Frage: „Was tun, wenn es nicht gelingt, die Gefahren aus Brüssel abzuwehren.“ Zwar müßten die Aufgaben der Stadtwerke erhalten bleiben, doch müsse auch überlegt werden, ob man mit „einem großen Stromerzeuger kooperieren kann.“ Über die Besitzverhältnisse entscheide aber der Senat.
Von Gerüchten, daß bereits Beamte an Verkaufsplänen für die Stadtwerke basteln, will man an den entscheidenden Stellen im Senat aber nichts wissen. „In keiner Weise bekannt“ und „vollständig unverständlich“, hieß es vom für Energie zuständigen Senator Ralf Fücks. Aus Finanzsenator Volker Krönings Haus verlautete: „Es gibt keine derartigen Pläne und es ist nicht beabsichtigt.“ Und auch bei Wirtschaftssenator Claus Jäger und im Rathaus zeigten übereinstimmende Reaktionen: Noch nicht einmal von den Gerüchten habe man bislang etwas gehört. hbk
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