Amis weg, Löcher da

■ Arbeitsmarkt und Wirtschaft trauern um die amerikanischen Soldaten / Kaufkraftverlust: 52 Mio.

Die Rückführung sämtlicher amerikanischer Truppen in Garlstedt und Bremerhaven, die am vergangenen Donnerstagabend vom US-Hauptquartier bekannt gegeben wurde, wird tiefe Löcher in Wirtschaftsstruktur und Arbeitsmarkt reißen. Die etwa 1.080 deutschen Zivilbeschäftigten der Amerikaner, die in Bremerhaven Dienst leisten, werden die hohe Arbeitslosenquote in der Küstenstadt von 11 auf etwa 12,3 Prozent ansteigen lassen. Umgerechnet bedeutet das für Bremerhaven einen Kaufkraftverlust von 52 Millionen Mark jährlich sowie Auftragseinbußen für die Dienstleistungs- und Wirtschaftsunternehmen in Höhe von 10 Millionen Mark. In Bremerhaven sind etwa 2.000 Soldaten stationiert. Ihre Angehörigen mieten ungefähr 1.240 Wohnungen, die im Laufe der nächsten vier Jahre frei werden.

Die Folgen des Truppenabzugs in Garlstedt treffen vornehmlich die umliegenden Wirtschaftsbetriebe: Für die 4.000 amerikanischen Soldaten arbeiten nur 123 deutsche Zivilangestellte. Allerdings wird die Region einen Kaufkraftverlust von 55 Millionen Mark verschmerzen müssen. Die 722 amerikanischen Zivilangestellten in Garlstedt und die 640 amerikanischen Zivilangestellten in Bremerhaven werden die Bundesrepublik mit Abzug der Truppen verlassen und deshalb arbeitsmarktpolitisch nicht ins Gewicht fallen.

FDP und Grüne haben sowohl den Bremer Senat als auch den Bremerhavener Magistrat heftig kritisiert. Der Magistrat habe bereits am 18. Dezember letzten Jahres eine vollständige Liste über die zu räumenden Liegenschaften erhalten, erklärte der Liberale Neujahr, und forderte ein schnelles Konzept für Arbeitsplatzalternativen. Der grüne Manfred Schramm warf seiner Stadtregierung vor, „politisch versagt“ zu haben. Bei der Suche nach einem beschäftigungswirksamen Konzept sei „kostbare Zeit ... vertan“ worden.

Sprecher beider Verwaltungen stritten ab, von dem amerikanischen Truppenabbau gewußt zu haben. Senatssprecher Klaus Sondergeld räumte lediglich ein, daß „über die radikale Lösung im Sinne von Planspielen laut nachgedacht“ worden sei. Konkrete Informationen seitens der Amerikaner habe es aber bis zum Donnerstag Abend nicht gegeben.

Der Magistratssprecher Volker Heigenmooser kritiserte in diesem Zusammenhang die Informationspolitik der Amerikaner. Der amerikanische General Blachwell habe dem Magistrat gegenüber noch Abzugsgerüchte dementiert, „als ganze Einheiten schon auf ihren gepackten Koffern saßen.“ Der Magistrat sei erst am Donnerstag Abend offiziell in Kenntnis gesetzt worden.

Die Zukunft über die einzelnen Liegenschaften, die die Amerikaner leer zurücklassen, ist zur Zeit noch unklar. Während man in Bremerhaven die freiwerdenden Flächen zum Gewerbegebiet erklären will, ist man im Landkreis Osterholz-Scharmbeck noch unschlüssig. Allein die über 1.000 Wohnungen, die amerikanische Familien um Garlstedt bewohnen, sind bis Ende des Jahrtausends durch den Bund angemietet und garantieren den Wohnungsgesellschaften die Mieten.

Die Magistrats-Arbeitsgruppe „Zivilbeschäftigte bei der US- Army in Bremerhaven“ hat nach Angaben von Dieter Schacher (im Dezernat Arbeit und Soziales) eine Umfrage nach Umschulungsmöglichkeiten für die knapp 1.100 Beschäftigten angestellt. „Wir müssen aber davon ausgehen, daß wir nicht allen Betroffenen wieder zu einer Arbeit verhelfen können“, erklärte er gestern. Der Personalrat der Zivilbeschäftigten in Bremerhaven, Reinhard Hensel, rechnet damit, daß bereits bis Ende dieses Jahres 400 Mitarbeiter arbeitslos sein werden. Markus Daschner