Ohne Schein: Scharfe Waffen für jeden

■ Waffenbörse: Vorrangig seriöse Anbieter, aber auch illegaler Verkauf scharfer Pistolen und Literatur für Militaristen: »Der erste Treffer zählt«

Mitte. Mord und Totschlag leichtgemacht: Bei der 2. Internationalen Berliner Waffenbörse, die am Wochenende in der Kongreßhalle am Alexanderplatz stattfand, konnten sich Gewaltfreunde fast ungehindert mit scharfen Waffen eindecken.

»Wenn Sie mir versprechen, nächste Woche den Antrag zu stellen ...«, machten einige Händler zur einzigen Bedingung beim Verkauf der Waffen. Damit war der unkontrollierte Kauf tödlicher Kleinkaliberpistolen ohne Probleme für jeden möglich. Diese dürften die Händler laut Bundeswaffengesetz jedoch nur gegen Vorlage eines Waffenscheins oder einer -besitzkarte abgeben.

Eine wirkliche Kontrolle durch die Veranstalter fand nicht statt, und Polizisten waren nicht zu sehen. Der polizeiliche Lagedienst versicherte jedoch, daß »eine solche Veranstaltung observiert« werde.

Die überwiegende Mehrheit der Aussteller hielt sich an das Waffengesetz, und ein Veranstalter erklärte immer wieder die Voraussetzungen, die zum Waffenbesitz erfüllt sein müssen. Doch am Stand der Zeitschrift 'Visier‘ (Werbeslogan: »Wollen Sie jeden Monat ins Schwarze treffen?«) schimpften Händler und Kunden, daß die Gesetze viel zu streng seien, andere setzten sich gleich darüber hinweg.

»Antike moderne Sport-, Jagd- und Schutzwaffen, Militaria + alles, was zum Hobby dazugehört«, versprach der Kieler Organisator auf dem Plakat. Die Männer der Stadt ließen sich durch den Eintritt von 10 Mark nicht schocken und stürzten sich ins Waffenvergnügen.

Drinnen teilten sich die Besucher in Jäger, Sportschützen und Sammler auf der einen und Waffennarren, die damit Macht und Stärke verbinden, auf der anderen Seite. Kriegsveteranen und junge Gewaltfans von Skinheads bis zu Autonomen standen einträchtig beisammen, bestaunten das »praktische Stiefelmesser« und die neuesten Pistolen.

Tränen in den Augen hatte der alte Mann, der neben zahlreichen Fotos Adolf Hitlers auch eine Postkarte mit der Aufschrift »Melde dich freiwillig zur Waffen-SS« fand. Da habe er selbst gedient, erklärte er und versicherte dem französischen Anbieter, daß er damals auch in dessen Heimatort gewesen sei.

Auch sonst kamen Militaristen auf ihre Kosten: Eiserne Kreuze, Orden mit und ohne Hakenkreuz, Reichskriegsflaggen und Zinnsoldaten, wie der »Kapitän der Kriegsmarine, Deutsches Reich um 1942«, der seinen Metallarm seither unverändert zum Hitlergruß reckt.

Bestens besucht waren auch die Bücherstände: Standardwerke wie Das Maschinengewehr und Infanteriewaffen Heute lockten die Leser, wie auch die Neuauflage von Der erste Treffer zählt — Das kampfmäßige Schießen mit Faustfeuerwaffen. Zum illegalen Pistolenverkauf gab's die Anleitung gleich dazu... Christian Arns