Krawtschik bietet Rußlanddeutschen Land an

■ Der ukrainische Präsident will fruchtbaren Boden für Rußlanddeutsche zur Verfügung stellen/ Horst Waffenschmidt (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, ist begeistert

Berlin (taz) — Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Horst Waffenschmidt (CDU), darf wieder hoffen. Wenn der ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk heute in Bonn zu einem zweitätigen Besuch eintreffen wird, hält er auch ein kleines Geschenk für den Innenpolitiker bereit. Wie er dem 'Spiegel‘ anvertraute, will er im Süden seines Staates und auf der Halbinsel Krim Rußlanddeutschen neuen Lebensraum bieten. Waffenschmidt, für die Bundesregierung hektisch auf Landsuche für die rund zweieinhalb Millionen Rußlanddeutschen, hat schon am Wochenende das Angebot des Ukrainers begrüßt. Ein von Krawtschuk angedeuteter Erlaß über die Gründung einer ukrainisch-deutschen Stiftung sei, so Waffenschmidt, „sehr hilfreich bei der Politik der Bundesregierung für die Rußlanddeutschen“. Noch ist allerdings unklar, ob Leonid Krawtschuk hier möglicherweise Land anbietet, das ihm gar nicht gehört. Das Parlament der Russischen Föderation hat erst kürzlich territoriale Ansprüche auf die ehemals autonome Krim erhoben, die erst im Juni 1954 an die Ukraine übergeben worden war. Den Rußlanddeutschen aber muß eilig eine Alternative zur Ausreise in die Bundesrepublik geboten werden. Ende 1991 hatten bereits 650.000 von ihnen per Antrag beim Kölner Bundesverwaltungsamt ihren Willen be(ur)kundet, die GUS verlassen zu wollen, um sich in Deutschland anzusiedeln. 150.000 sind im vergangenen Jahr schon eingereist, die anderen sitzen auf gepackten Koffern. Und Horst Waffenschmidt klammert sich verzweifelt an die Hoffnung, die Mehrheit der Rußlanddeutschen wolle in ihrer Heimat bleiben und warte auf die versprochene Autonomie an der Wolga. In Wirklichkeit ermuntert mittlerweile sogar die bislang eher langmütige Selbstorganisation der GUS-Deutschen, „Wiedergeburt“, ihre Landsleute zu Ausreiseanträgen in die Bundesrepublik, nachdem immer deutlicher wird, daß das Projekt einer autonomen deutschen Wolgarepublik vermutlich am Widerstand der Russen scheitern wird. „Bin ich denn ein Irrer“, fragte sich Boris Jelzin kürzlich in der 'Komsomolskaja Prawda‘, „daß ich auf russischem Boden einen anderen Staat errichten würde?“ Andere potentielle Siedlungsgebiete zum Beispiel in der Region St. Petersburg, im sibirischen Altaigebiet oder in Kaliningrad, werden, so viel hat inzwischen auch Bonn verstanden, von den Rußlanddeutschen kaum ernsthaft in Erwägung gezogen. Die für den Aufbau der Wolgarepublik vorgesehenen 100 Millionen Mark aus dem Bundesetat 1992 sind vorerst auf Eis gelegt. Wird sie nun, wenigstens teilweise, der ukrainische Gast für sein Angebot auftauen können? bg