Sielwall-Kreuzung polizeilich clean

■ Beratungs-Läden fordern dezentrale Hilfen / Bauernstraßen-Bewohner: „Wir können hier wieder wohnen“ hier bitte das Foto mit dem Polizeiauto

Gedealt wird in Bremen zur Zeit woanders...Foto: Christoph Holzapfel

Die Polizei meldet wieder „Erfolg“ beim Sondereinsatz gegen das offene Drogengeschäft am Sielwall: Am Präsident-Kennedy-Platz seien zwei Männer beim Auto-Aufbruch gesehen worden, am Sielwall-Eck wurde die Polizei fündig und stellte neben den drogenabhängigen Tätern sogar das entwendete Radio sicher — ausgerechnet bei einem Imbiß-Angestellten, der dafür 30 Mark gegeben hatte.

„Das hat mit der Suche nach Dealern nichts zu tun“, sagt Birgit Stiem vom AK Drogen zu der fortdauernden Polizeipräsenz. „Das weiß die Polizei auch.“ Erwischt würden Drogenabhängige mit kleinen Heroin-Mengen, die sich Geld für ihren Eigenbedarf durch Dealerei mit geringen Mengen verdienen. Während Polizei-Mann Riekers die Jagd auf Drogenabhängige damit begründet, daß auch sie dealen und zur Beschaffung des täglichen Geldbedarfs klauen, sieht die Drogenhelferin den umgekehrten Effekt: Wenn die Möglichkeit der Kleindealerei unterbunden wird, so Stiem, dann werden Drogenabhängige nur weiter in die Kleinkriminalität abgedrängt.

„Unsere Arbeit kommt zum Erliegen. Es kommt niemand mehr“, sagt die Arzthelferin Stiem. Im Kontakt-Laden in der Weberstraße saßen gestern drei Drogenabhängige. Der Spritzentausch stockt, Drogenabhängige benutzen wieder gebrauchte Spritzen, weil sie sich nicht mehr in die Nähe des Sielwalls zum Tausch trauen.

„Wo sollen wir denn hin“, sagt eine 23jährige Abhängige. Sowohl auf dem Übernachtungsschiff „Yola“ wie in den Containern in Hastedt oder in anderen Notunterkünften müssen die Junkies morgens um zehn Uhr raus — so stehen viele den ganzen Tag über auf der Straße. Am Eingang der Drogenberatungsstelle in der Bauernstraße steht ein Schild: „Montags geöffnet von 12-15 Uhr...“ Mehr als 25 bis 30 Personen werden nicht mehr hineingelassen. Andere dezentrale Hilfsangebote gibt es nicht. Zumal die Polizei am Sielwall-Eck dutzende mündliche Platzverweise ausspricht und den Junkies 24-Stunden-Haft androht, hat sich der kleine Drogenhandel in die umliegenden Straßen im Steintor und Ostertor verlagert. „Giftmäßig läuft das dann so ab, daß man einen Treff abmacht“, erzählt ein Junkie in der Weberstraße.

Insbesondere in der Bauernstraße sind die Anwohner aber beruhigt, seitdem die Drobs ihre Öffnungszeit reduziert hat und nur noch einzelne Drogenabhängige sich in der Straße aufhalten. „Wir haben das unmittelbar gemerkt, wir können hier wieder richtig wohnen“, sagt Bauernstraßen-Sprecher Bodo Bielinski. Seitdem der Garagenhinterhof des Geschäftes Caesar durch ein Gitter versperrt sei, sei auch dieser „öffentliche Massendruckraum“ an der Ecke Bauernstraße weg.

Die brasilianische Familie in der Bauernstraße, deren 17jähriger Sohn bei einem Junkie-Einbruch schwer verletzt worden war, ist inzwischen weggezogen, Sohn Edoardo hat Bremen endgültig verlassen und lebt bei Verwandten in Brasilien. K.W.