Schelte aus Brüssel für Geschäft mit Sony

■ EG-Kommission startet förmliche Untersuchung des Grundstücksverkaufs an Sony/ Verdacht: Kaufpreis wie im Fall Daimler-Benz zu niedrig angesetzt

Berlin. Dem Senat droht neues Ungemach aus Brüssel. Die EG-Kommission hat wegen des Verkaufs eines 30.000-Quadratmeter- Grundstücks am Potsdamer Platz an den japanischen Sony-Konzern jetzt ein formelles Prüfverfahren eingeleitet. Die Sache sei »fast identisch« mit dem Verfahren im Fall Daimler- Benz, heißt es in Brüssel. Man vermute, daß der Senat den Quadratmeterpreis von 3.240 Mark zu niedrig angesetzt und den Konzern auf diese Weise subventioniert habe. Am Ende des Verfahrens könnte die Forderung an Sony stehen, einen bestimmten Betrag nachzuzahlen.

Die EG verlangt jetzt vom Senat, beim unabhängigen Gutachterausschuß der Senatsbauverwaltung ein Zweitgutachten über den Grundstückswert anzufordern. Ein entsprechendes Schreiben der Kommission ging vergangene Woche im Bundeswirtschaftsministerium ein und befindet sich jetzt auf dem Postweg zwischen Bonn und Berlin. »Wir haben davon gehört, haben das Schreiben aber noch nicht auf dem Tisch«, hieß es gestern in der Senatswirtschaftsverwaltung.

Auch der Berliner Sony-Geschäftsführer Rainer Wagner hatte bisher »nur gerüchteweise« von dem EG-Verfahren gehört. Er sei zuversichtlich, so Wagner, daß Sony »keine Beanstandung zu erwarten« habe. Sorgen habe er »überhaupt nicht«, da die Firma einen Quadratmeterpreis gezahlt habe, der mehr als doppelt so hoch liege wie die 1.505 Mark im Fall Daimler-Benz.

Die Wettbewerbshüter in Brüssel sind über diesen Optimismus erstaunt. Sony habe das Grundstück erst im Juni 1991 erworben, während das Geschäft mit Daimler-Benz schon im August 1990 abgeschlossen worden sei, argumentieren sie. Die Grundstückswerte am Potsdamer Platz seien in diesem Zeitraum gestiegen. Schon für das im Sommer 1990 an Daimler-Benz verkaufte Grundstück hätte der Senat nach dem Urteil des auf EG-Bitte eingesetzten Gutachterausschusses einen Quadratmeterpreis von etwa 3.000 Mark verlangen müssen. Deshalb sei es gut möglich, daß die Zweitgutachter auch im Fall Sony einen höheren Grundstückswert ermitteln würden. Schwierigkeiten sieht man in der EG lediglich in den »Spezialkonditionen«, die der Senat mit Sony ausgehandelt hatte. Die Brüsseler Experten verweisen hier auf die Vereinbarung, daß der Elektronikkonzern auf eigene Rechnung ein Gebäude für das vom Senat geplante Filmhaus errichten soll.

Der Gutachterausschuß hatte für das Daimler-Grundstück einen Gesamtwert von 179,7 Millionen Mark ermittelt, doppelt soviel wie die 93 Millionen, die der Konzern tatsächlich gezahlt hatte. Über die Höhe einer möglichen Nachzahlung will die EG frühestens im März entscheiden. Den ursprünglich für Oktober angesetzten Termin habe man nicht einhalten können, da der Senat »neue Informationen« über die für Daimler entstehenden Kosten geliefert habe, hieß es in Brüssel. Im Dezember habe sich auch der Regierende Bürgermeister mit einem Besuch bei EG- Kommissar Leon Brittan persönlich in die Verhandlungen eingeschaltet, wurde gestern im Roten Rathaus bestätigt. hmt