Milosevic wird zur zarten Friedenstaube

Serbische Regierung gewinnt vorläufig den Machtkampf mit dem Serbenführer der Krajina, Milan Babic/ Serbische Opposition spielt ein gefährliches Spiel, indem sie die Rechtsradikalen der Krajina unterstützt und in diesem Bündnis Milosevic stürzen will  ■ Aus Skopje Roland Hofwiler

Das schwere Zerwürfnis zwischen den Führern der serbischen Minderheit in Kroatien und der Regierung der Republik Serbien über die Verwirklichung des Friedensplans der Vereinten Nationen ist vorläufig entschieden. Nach einer 40stündigen Mammutsitzung stimmte am Sonntag abend das serbisch dominierte „erweiterte jugoslawische Staatspräsidium“ der Entsendung von UNO-Friedenstruppen zu. Ein entscheidender Schritt für einen dauerhaften Waffenstillstand in Kroatien.

Ob jedoch dadurch der Machtkampf im „serbischen Lager“ des zusammenbrechenden Staates zugunsten des einst starken Mannes, des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, entschieden wurde, ist derzeit noch offen. Denn obwohl drei Tage lang in Belgrad intensiv verhandelt wurde, sind bisher kaum Details über die Konferenz an die Öffentlichkeit gedrungen. Es liegt bisher nur eine offizielle Verlautbarung des jugoslawischen Staatspräsidiums vor, das in seiner serbisch dominierten Rumpfbesetzung Gastgeber der Sitzung war. Darin heißt es, das Präsidium übernehme alle Garantien für die unbeeinträchtigte Ankunft der 10.000 Blauhelme in den Krisengebieten. Aber es findet sich da auch ein Nebensatz, nach dem sich das Präsidium in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber der jugoslawischen Armee vorenthält, „den Schutz der Serben in Kroatien zu übernehmen, sollten UNO-Truppen diesen Schutz nicht gewährleisten“. Damit wollte man den Führern der Serben Kroatiens entgegenkommen, die sich bis zuletzt dem Friedensplan widersetzten. Letztendlich soll sich dann nur einer in der Runde der serbischen Politiker, der selbsternannte Präsident der „Republik Krajina“, Milan Babic, der Stationierung von UNO-Friedenstruppen in Kroatien widersetzt haben. Andere Politiker der Krajina stimmten jedoch zu. Der „Regierungschef“ Milan Paspal erklärte gestern im Belgrader Fernsehen, er habe von UNO-Vizegeneralsekretär Marrack Goulding die Zusicherung erhalten, daß der „Friedensplan noch in unserem Sinne ergänzt wird“. Die einzig kritische Tageszeitung Belgrads, die 'Borba‘, hält allerdings das Babic-Lager für größer, als offiziell eingestanden wird. Denn wäre Babic vollkommen politisch isoliert, so wäre es für Milosevic ein leichtes Spiel gewesen, ihn erst gar nicht zur Serbenkonferenz einzuladen.

Opposition unterstützt Babic

Doch wie mehrere kritische Zeitungen schon vor Tagen feststellten, versucht die serbische Opposition aus der Stationierung von UNO- Blauhelmen für sich Kapital zu schlagen, da sie die derzeitige Schwäche des Serbenführers Milosevic erkannt hat. Milosevic war es, der die Serben außerhalb der Mutterrepublik zum bewaffneten Kampf aufstachelte, „um nun die Krajina fallen zu lassen“. So der Belgrader Abgeordnete Djindjic von den Demokraten.

Djindjic, als kritischer Intellektueller bekannt, suchte vor kurzem die Nähe zu Milan Babic, und in einer gemeinsamen Erklärung zwischen der „Demokratischen Partei“ und der „Regierung der Krajina“ sagten sich beide Seiten Unterstützung zu. Vor allem im Sprachrohr der Belgrader Anti-Kriegsbewegung, der Wochenschrift „Vreme“, hagelte es Proteste. Den Oppositionspolitikern seien alle Wege recht, auch ein Bündnis mit den militanten Rechten, um Milosevic vom Sockel zu stoßen. Djindjic äusserte sich zu diesen Vorwürfen bisher ebensowenig wie der wichtigste Gegenspieler Milosevics, Vuk Draskovic, Parteiführer der „Serbischen Erneuerungsbewegung“. In einem Interview (mit dem Spiegel, das am Montag auch serbische Zeitungen teilweise abdruckten) läßt Draskovic nichts Schlechtes auf den Rechtsaußen Babic kommen: Babic verlange lediglich Garantien für das Serbentum in Kroatien. Und er entwirft seine Zukunftsvision, wie ein Frieden gesichert werden könnte: „Die Krajina in Kroatien wird der Krajina in Bosnien zugeschlagen. Dafür erhält Kroatien ein ebenso großes Territorium in der West-Herzegowina.“

Zuletzt spielte auch der „Heilige Synod“, die Bischofskonferenz der serbisch orthodoxen Kirche, in die Hände des Babic-Lagers. Sie lehnt auch heute noch die Blauhelme ab und erklärt, Milosevic habe „kein Mandat, im Namen des ganzen Serbentums aufzutreten“. Oberhirt Pavle will sich noch stärker in die Politik einmischen.

In einem ironischen Artikel bemerkt dazu die 'Vreme‘, ob man nicht doch besser auf den „Friedensengel“ Milosevic setzen sollte als auf die Opposition. Schließlich sei es Milosevic im Handumdrehen gelungen, sich von einem dogmatischen Kommunisten in einen Sozialdemokraten zu verwandeln, wie er selbst behaupte. „Wer weiß, ob es ihm nicht auch gelingen könnte, sich in Mutter Teresa zu verwandeln.“