Beamte kannten Nazi-Wasserwerk

■ Aber keine Gefährdung für Lübecks Wasser/ Schönberg braucht Müll, um Sanierung zu bezahlen

Schönberg (taz) — Mit einem Gutachten aus dem Jahre 1942 meinten die Lübecker Grünen gestern Peter- Uwe Conrad, Staatssekretär im Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, „der Zusammenarbeit mit der Stasi in Sachen Giftmülldeponie Schönberg überführt“ zu haben. Denn dieses Gutachten belegt die Existenz eines Wasserwerks, wo immer von einer eiszeitlichen Barriere die Rede war — und es war den zuständigen Stellen in Schleswig- Holstein bekannt, als Conrad dort zu Barschels Zeiten die Abteilung Umweltschutz im Landwirtschaftsministerium leitete. Conrad habe das alte Wasserwerk verschwiegen und also wider besseres Wissen an der Stasi- Legende über die vermeintliche Sicherheit der umstrittenenen Deponie mitgestrickt, so die Grünen.

Auf einer Pressekonferenz, die gestern Mecklenburg-Vorpommerns Umweltministerin Petra Uhlmann auf der Deponie abhielt, stellten die Geologen der Schweriner Landesregierung die Sache ganz anders dar. Die Geologen behaupteten, daß die Existenz des Wasserwerks ihnen bekannt gewesen sei. Eine Neuinterpretation vorhandener Gutachten ergebe aber, daß das Werk mit dem Vorhandensein der Schutzbarriere für Lübecks Grundwasser nichts zu tun habe.

Zum einen stehe das ehemalige Wasserwerk nicht dort, wo auch sie die Barriere vermuten, zum anderen habe dieses Werk aus maximal 76 Meter Tiefe gefördert — oberhalb der Barriere und auch oberhalb des Hauptgrundwasserleiters, aus dem Lübeck sein Trinkwasser gewinne. Jedenfalls biege das Grundwasser in Höhe der vermuteten Barriere ab, so ein Sprecher des Geologischen Landesamtes. Bis Mitte Januar hatten weder die DDR-Behörden noch Länderministerien das ominöse Wasserwerk je erwähnt. Staatssekretär Conrad selbst kündigte an, daß sich seine Anwälte mit den Stasi-Vorwürfen beschäftigen würden.

Seine Ministerin nutzte die Gelegenheit, ihr Konzept für den Weiterbetrieb der Deponie vorzustellen. Eine Schließung komme schon allein deswegen nicht in Frage, weil nur durch die zu erhöhenden Deponiegebühren die 200 bis 300 Millionen Mark für die „notwendigen umfangreichen hydrogeologischen Untersuchungen und mögliche Sanierungen“ zusammenkämen. Die Ministerin will umfangreiche Untersuchungen erst starten, wenn die Deponie im Besitz des Landes ist.

Schon jetzt ist aber klar, daß der alte Teil der Deponie eine „Altlast“ ist. Seit 1986 fänden sich im Grundwasser unterhalb der Deponie erhöhte Blei- und Chloridwerte. Das Lübecker Grundwasser sei aber wegen der existierenden Barriere eben nicht gefährdet. Eine nur bedingte Entwarnung: Auf der östlichen Seite der Barriere gebe es auch 350 Millionen Kubikmeter Grundwasser. Kai Fabig