Datenschützer rügt die Polizei

■ Datenschutzbeauftragter »überrascht« über Polizei-Behauptung, der ASOG-Entwurf schaffe keine neuen Befugnisse/ Überwachung deutlich erleichtert/ Rupert Scholz (CDU) verteidigt den Entwurf

Berlin. Über das neue Berliner Polizeigesetz ASOG (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz) ist jetzt ein Streit zwischen dem Berliner Datenschutzbeauftragten Hansjürgen Garstka und der Polizei ausgebrochen. Garstka reagierte gestern in einer Erklärung »überrascht« über Äußerungen aus dem Polizeipräsidium, über die die taz am Montag berichtet hatte. Die Auffassung der Polizei, fast alle im ASOG-Entwurf der Senatskoalition geregelten Befugnisse habe die Polizei auch bisher gehabt, sei »unzutreffend«, erklärte Garstka.

Der Einsatz von »Wanzen«, Infrarotkameras, Richtmikrophonen und heimlichen Videoaufnahmen, so der Datenschützer, werde gegenüber der jetzigen Rechtslage deutlich erleichtert. So könnten sich diese »erheblichen Eingriffe« nicht nur gegen potentielle Straftäter, sondern auch gegen »völlig unverdächtige Personen« richten. Anders als nach geltendem Recht sei als Rechtfertigung dieser Schritte keine »konkrete Gefahr« mehr erforderlich. So könne »bereits eine kriminalistische Bewertung, unabhängig von einer konkreten Gefahrenlage« zu Informationseingriffen und »einer jahrelangen Speicherung« dieser Daten bei der Polizei führen. In der Vergangenheit, so Garstka weiter, habe er »die vorsorgliche Speicherung« von Daten über unverdächtige Personen »beanstandet und die Löschung derartiger Datensammlungen verlangt«.

Diesen Aussagen widersprach Polizeivizepräsident Dieter Schenk. Die Beobachtung unverdächtiger Personen, die sich in der Begleitung von Verdächtigen befunden hätten, sei »schon immer zulässig« gewesen. So würden beispielsweise die Daten von Personen gespeichert, die mit Drogenhändlern in einem Auto gesessen hätten.

Ähnlich wie Garstka äußerte sich demgegenüber gestern Eggert Schwan, Professor an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Der ASOG-Entwurf sei wie seine westdeutschen Vorbilder ein »verfassungsfeindliches Projekt«, das »spätestens« vom Bundesverfassungsgericht »gestoppt« werde, warnte der von Bündnis 90/Grüne geladene Experte. »Die NS-Volkskartei«, so Schwan, »feiert fröhliche Urständ«.

»Daß das Publikum total erfaßt wird, ist nicht der Fall«, widersprach der von der CDU zur Anhörung geladene Verfassungsrechtler Rupert Scholz (CDU), früher Justizsenator und Bundesverteidigungsminister. Er verteidigte den Entwurf der Koalitionsfraktionen als »verfassungsmäßig«. Verdeckte Ermittler oder V-Leute seien heutzutage »notwendige, verfassungskonforme« Einsatzmittel der Polizei. Vor ihrem Einsatz sei auch der von der FDP geforderte Richtervorbehalt nicht erforderlich. »Man soll unsere Richter wirklich nicht überfordern«, sagte Scholz. hmt