Samaranch zu Greenpeace!

■ Der IOC-Chef hat den olympischen Umweltschutz entdeckt

Courchevel/Berlin (dpa/taz) — Juan Antonio Samaranch, Chef des Internationalen Olympischen Komitees und mithin oberster Olympiahirte, scheint in Sachen Naturschutz über Nacht geläutert: „Beim Eintritt in das dritte Jahrtausend ist es das Hauptanliegen des IOC, daß die Umwelt respektiert wird“, sprach Samaranch gestern bei seiner Eröffnungsrede zur 98. IOC-Vollversammlung.

Für die überraschende Einsicht des Präsidenten war es höchste Zeit: Zu laut, zu berechtigt und zu zahlreich sind die Vorwürfe verschiedenster Organisationen gegen die Zerstörungen in den Bergen Savoyens. „Das olympische Maß ist voll“, schimpft die Internationale Alpenschutz-Kommission (CIPRA) und listet die Vergehen rund um Albertville auf: eine Million Kubikmeter Erdbewegungen und Felssprengungen, mindestens 33 Hektar Rodungen, teilweise durch Brand, 330.000 Quadratmeter Flächenversiegelung für Bebauungen, zirka 100 Hektar Umwandlung der Flächennutzung. 42 Wasserreservoires für Trinkwasser und Schneekanonen.“

Gegen den drohenden Imageverlust der Spiele setzt Samaranch nun ein Ökolympia: Um eine Region nicht zu sehr zu belasten, sollen Winterspiele künftig auch in mehr als einem Land abgehalten werden können. Generell will Samaranch eine Umwelt-Verträglichkeitsprüfung des gesamten Programms der Winterspiele. Seit längerem schon gibt es im IOC Vorbehalte gegenüber den Sportarten Bob und Rodeln. Für den Bau der Kunsteiskanäle müssen dramatische Eingriffe in die Natur vorgenommen werden. Und dies, so jammert das IOC, für eine kleine Elite in Sportarten, denen fast jede breitensportliche Komponente fehlt. Zu allem Ärger sind die Sportarten nicht gerade ein Zuschauermagnet — wenig Einkünfte also für die Olympia-Veranstalter.

Apropos Einkünfte: auch die netten Zuwendungen der Bewerberstädte an die 93 persönlichen IOC- Mitglieder, die über Olympiavergaben entscheiden, sollen eingeschränkt werden. So wird den Kandidaten verboten, die Olympier privat aufzusuchen, um ihre Qualitäten anzupreisen. Künftig laufen die Einladungen von Bewerbern zum Besuch der Städte über die IOC-Zentrale in Lausanne. Ein IOC-Mitglied darf sich nur bis zu drei Tagen in der einladenden Stadt aufhalten und eine Begleitung nur dann mitnehmen, wenn er hilfebedürftig ist. Erlaubt sind Geschenke nur noch in einer Gesamthöhe von 200 Dollar.