Nach der Operation: Dunkelheit und stickige Luft für die Patienten

■ Im Urban-Krankenhaus fallen Fahrstühle und Klimaanlage aus/ Akku-Lampen sind nicht vorhanden/ Chefarzt empört, daß privater Kühlschrank weiterläuft

Kreuzberg. Zum Glück hat ein Arzt im Aufwachraum des Urban-Krankenhauses ein Feuerzeug. Denn die Dieselmotoren im Keller, die unmittelbar nach dem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes anspringen, schaffen es nicht, Fahrstühle, Klimaanlage und Beleuchtung zu versorgen. Gerade operiert, öffnet mancher der 6 Patienten im Aufwachraum bei Dunkelheit und schlechter Luft seine Augen. Ein 43jähriger Oberarzt kann es nicht fassen, daß für Notfälle nicht mal Akku-Lampen in dem 1.300-Betten-Haus vorhanden sind.

Die Kranken, die unterm Messer liegen, als der Kurzschluß in einem Tiergartener Umspannwerk für den flächendeckenden Stromausfall sorgt, können wenigstens zu Ende operiert werden. Die drei weiteren Operationstermine, die für diesen Tag vereinbart waren, werden verschoben. Die Kellermotoren decken kaum mehr als die Hälfte der zwei Megawatt Strom, die das Urban-Krankenhaus stündlich aus dem öffentlichen Netz zieht. »Mit der Leistung können wir den dringendsten Bedarf decken«, erläutert Wolfgang Dubil, technischer Leiter der Bettenburg.

Anästhesie-Chefarzt Ulrich Henneberg (65) ist empört. In seinem Büro summt trotz der Energiekrise sein privater Kühlschrank weiter. »Der Eiskasten läuft hier unten doch völlig nutzlos«, schimpft er in den Hörer seines Telefons. Klimaanlage und Fahrstühle seien es, die noch im Notfall funktionieren müßten. »Stellen Sie sich vor, hier brennt's«, sagt er noch, bevor er in eiligem Schritt zu den Operationssälen im ersten Stockwerk saust, um sich selbst ein Bild der Lage zu verschaffen.

Henneberg ist erschüttert, als er feststellt, daß fast alle Lifts ausgefallen sind: »Wenn im dritten Stock ein Patient an einer Lungenembolie leidet, muß der doch runter in den ersten auf die Intensivstation.« Vielleicht ginge es auch mit einer Trage durchs Treppenhaus, überlegt der Chefarzt. Die Treppenhäuser sind allerdings stockduster. Henneberg ist seit 35 Jahren im Amt: »So was habe ich noch nie erlebt.«

Gegenüber der operativen Intensivstation funktionieren zwei Stunden später zwei Aufzüge, gegen kurz nach 3 Uhr springt die Klimaanlage an und bringt »frischen Wind« in den Aufwachraum. Dirk Wildt