GASTKOMMENTAR
: Lieber ein Ende mit Schrecken...

■ Das Militärregime auf Haiti wird nur der Gewalt weichen

Am 7. Februar 1986 endete die 29jährige Diktatur der Duvaliers mit der Flucht von Baby Doc ins vergoldete Exil. Die Hoffnungen der ärmsten Nation der westlichen Hemisphäre auf eine menschenwürdige Zukunft wurden blutig enttäuscht; der erste demokratisch gewählte Präsident Haitis seit Menschengedenken, der linke Befreiungstheologe Jean-Bertrand Aristide, wurde nach nur siebenmonatiger Amtszeit von putschenden Militärs verjagt.

Die Folge war ein selbst für Haiti beispielloser Exodus von Boat people, die ihren kümmerlichen Besitz verkaufen, um auf hoher See ihr Leben zu riskieren: 15.000 Flüchtlinge wurden von der US- Küstenwache aus hoffnungslos überfüllten Booten gefischt — möglicherweise noch einmal so viele haben unterwegs Schiffbruch erlitten und sind in den von Haien verseuchten Gewässern ertrunken. Die Überlebenden wurden auf der amerikanischen Marinebasis Guantanamo auf Kuba interniert und werden von dort gegen ihren Willen nach Haiti zurückgebracht. Immerhin hat die US-Einwanderungsbehörde 3.000 Boat people vorläufig als politische Flüchtlinge anerkannt und damit die offizielle Einschätzung, es handle sich um Wirtschaftsemigranten, stillschweigend widerlegt.

Das von der OAS verhängte Handelsembargo hat die verfahrene Situation noch verschlimmert; die Leidtragenden sind wie immer die Ärmsten der Armen, während die korrupte Oberschicht und die mit Drogenhändlern liierte Armee Mittel und Wege finden, das Embargo zu umschiffen. Im Innern von Haiti herrschen mittlerweile äthiopische Zustände; nach Schätzungen der UNICEF leidet dort ein Drittel der Kinder an chronischer Unterernährung, Hospitäler sind geschlossen, und aus Mangel an Strom und Benzin ist das Wirtschaftsleben fast ganz zum Erliegen gekommen. Die Sprecherin des State Departments, Margaret Tutwiler, hat die schrittweise Aufhebung des Embargos angekündigt, von dem vor allem Handwerksbetriebe betroffen seien. Gemeint sind amerikanische Firmen, die in Haiti für Hungerlöhne Baseball-Bälle und Billigtextilien herstellen lassen.

Die Möglichkeiten des Dialogs sind erschöpft. Die folternden und mordenden Militärs können nur mit Gewalt von der Macht vertrieben werden. Besser als ein Schrecken ohne Ende wäre ein Ende mit Schrecken. Das Auftauchen eines Kriegsschiffs in der Bucht von Port-au-Prince würde genügen. Denn die Erben von Papa und Baby Doc sind nicht nur brutal, sondern feige — außer Massakern an wehrlosen Zivilisten haben sie nichts gelernt. Ob ein solches Kriegsschiff unter der Flagge der USA, der OAS oder der UNO steht, ist mir egal, obwohl letzteres vorzuziehen wäre; die Landung von Ledernacken weckt in Lateinamerika ungute Erinnerungen. Aber eine solche Lösung ist nicht in Sicht— anders als Slowenien oder Kroatien hat das kleine Haiti keine Lobby in der UN. Hans Christoph Buch

Schriftsteller, hat mehrere Bücher über Haiti veröffentlicht