Deportation der Haitianer verlangsamt

Washington (taz) — Die Zwangsdeportation haitianischer Flüchtlinge durch die US-Küstenwache läßt sich nicht so leicht durchführen, wie sich dies die Bush-Administration vorgestellt hatte. Nachdem das haitianische Regime erklärt hatte, es könne die zurückkehrenden Flüchtlinge nicht so schnell aufnehmen, warten derzeit über 500 Haitianer auf den Kuttern der US-Küstenwache vor Port-au-Prince auf ihr Zwangsheimkehr. Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, sagte am Mittwoch, daß die Repatriierung für den Großteil der rund 15.000 nach dem Militärputsch geflohenen Haitianer verlangsamt werde, damit die Flüchtlinge auf Haiti besser abgefertigt werden könnten. Es gebe keine Anzeichen für Vergeltungsakte gegen die Heimkehrer, erklärte Fitzwater. Journalisten in Port-au- Prince fragen sich unterdessen, wie die Bush-Administration dies wissen kann, wo die USA doch vor Ort keinerlei Möglichkeit haben, die Rückkehr der Flüchtlinge zu überwachen. Der US-Botschafter für Haiti hält sich derzeit in Washington auf, weil das Land unter dem Militärregime für Diplomaten als zu gefährlich gilt.

Unterdessen hat der Justizausschuß des Repräsentantenhauses in der Nacht zum Donnerstag für die Zwangsdeportationen ein halbjähriges Moratorium vorgeschlagen, worüber jedoch nicht mehr vor den Parlamentsferien abgestimmt werden wird. Während die Deportationen der Haitianer vom kubanischen US-Stützpunkt Guantanamo nach Port-au-Prince in der Presse auf erhebliche Kritik stoßen, hat sich die Demokratische Parteispitze zu diesem Thema bisher eher zurückgehalten. Wenn sich die Abschiebung der Haitianer nicht zuletzt aus der innenpolitischen Herausforderung Bushs durch den einwandererfeindlichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Patrick Buchanan erklärt, so befürchten auch die Demokraten, sich im Wahlkampf als Fürsprecher schwarzer Immigranten zu präsentieren, denen die weißen US- Bürger derzeit weniger wichtig sind.

Die am Mittwoch vom amerikanischen Außenministerium verkündete Abschwächung des Wirtschaftsembargos aus humanitären Gründen ist von allen Seiten kritisiert worden. Sowohl die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) als auch Flüchtlingshilfegruppen oder auf Haiti stationierte Diplomaten halten die Teilaufhebung des Wirtschaftsboykotts für „das falsche Signal“. Rolf Paasch

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