Werftauftrag aus Bonn torpediert?

■ Der chinesische Auftrag für den Bau von drei Containerschiffen an eine japanische Werft sorgt für Streit um Entwicklungshilfe/ Abgeblitzte Vulkan-Werft hofft weiterhin auf Zuschlag für Schiffe

Berlin/Bremen (taz) — Der chinesische Auftrag für den Bau von drei Containerschiffen an die japanische Großwerft Hitachi-Zosen gibt weiter Rätsel auf. Noch immer umstritten ist, ob es sich bei dem Werften-Geschäft um einen im vergangenen Jahr der Bremer Vulkan versprochenen Großauftrag handelt oder um zusätzliche Schiffe. Ersteres behaupten die Japaner, die erklärten, sie hätten den 370-Millionen-Dollar-Auftrag mit der chinesischen Staatsreederei Cosco der bundesdeutschen Werft weggeschnappt.

Vulkan-Vorstandsmitglied Josef Klar behauptet dagegen, die Werft und die Bundesregierung verhandelten weiterhin über den Bau von vier der insgesamt acht gewünschten Frachter. Er rechnet weiterhin mit einem Auftrag. Fest steht allerdings, daß die japanische Werft die drei 3.800 Container fassenden und 50.000 Tonnen schweren Frachter 1994 an China ausliefern wird.

Bundeswirtschaftminister Jürgen Möllemann war mit einem Troß von Industrievertretern Anfang November nach Peking gereist, um dort für normale Geschäftsbeziehungen zu dem nach dem Massaker auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ im Sommer 1989 ins Abseits geratene China zu werben. Die deutschen Exporte nach China sollten wieder steigen; bereits damals kamen die Schiffsaufträge ins Gespräch.

Die Hoffnung auf gute Geschäfte nährten auch die durch die chinesische Austeritätspolitik angehäuften Devisenreserven von über vierzig Milliarden US-Dollar. Doch das Bonner Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wollte offensichtlich nicht mitziehen und den von Minister Möllemann akquirierten Großauftrag mit finanziellen Mitteln an China unterstützen. Der Grund: die Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte.

Möllemann und Industrielobby hatten Geschäft eingefädelt

China und die Bremer Vulkan wollten nämlich 25 Prozent des Auftragsvolumens über einen Entwicklungshilfe-Kredit finanziert wissen. Seit dem Massaker auf dem Tienanmen- Platz sind aber derartige Entwicklungshilfegelder an China auf Eis gelegt. Das Bonner Wirtschaftsministerium befürwortet dennoch die Entwicklungshilfe für China und die deutsche Werftindustrie, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter dem CSU-Politiker Spranger ist dagegen. Der verlockende und offiziell noch nicht abgesagte Großauftrag, so die Spekulation über die chinesischen Motive, könnte Menschenrechts-Hardliner schwächen und den Konflikt zwischen den beiden Ministerien weiter schwelen lassen. Dies könnte der Grund sein, warum die Bremer Werft noch nichts von ihrem Abblitzen gehört haben will.

Der erste China-Auftrag für eine japanische Werft nach siebzehn Jahren kam nicht überraschend: Die Chinesen haben sich für die hochentwickelte japanische Schiffstechnik entschieden; zudem scheint eine Kooperation mit dem östlichen Nachbarn von strategischem Wert für die Pekinger Führung zu sein. China will seine Schiffsindustrie kräftig weiterentwickeln und ist vorrangig an Know-how und Technologietransfer interessiert. Chinas Handel ist in den letzten Monaten wieder stark angestiegen. Der Transportbedarf hat sich dadurch beträchtlich erhöht; neue Schiffe werden dringend gebraucht.

In das Werftengeschäft ist zudem nicht nur die japanische Großwerft Hitachi-Zosen, sondern auch das Mitsui-Handelshaus eingebunden, eines der größten Welthandelsunternehmen. Hier scheinen sich weitere Chancen für eine intensive Zusammenarbeit anzubahnen.

Deutsches Angebot angeblich besser

Die Bedingungen des bundesdeutschen Konkurrenzangebots seien sehr gut gewesen, schrieb die führende japanische Wirtschaftszeitung 'Nihon Keizai‘: Für die Bezahlung hatten die Deutschen angeblich eine elfprozentige Vorschußzahlung und eine elfjährige Laufzeit bei dreieinhalb Prozent Zinsen für den Rest angeboten. Das japanische Angebot enthielt unter gleichen Grundkonditionen eine vierzehnjährige Laufzeit bei sechs Prozent Zinsen.

Ein Sprecher des Hitachi-Schiffbau-Konzerns berichtete, der Vertrag sei durch einen zinsgünstigen Kredit der staatlichen japanischen Export-Import-Bank an den kommunistischen Nachbarn ermöglicht worden. Die japanische Bank hat seit längerem ein Fünf-Jahres-Kreditpaket mit China laufen. Die Bremer Vulkan mahnt nun an, das deutsche Angebot sei an der Weigerung Bonns gescheitert, das Geschäft zu subventionieren. es/K.W.