Hanauer Plutonium vors Verfassungsgericht

■ Töpfer will per Verfassungsgericht MOX-Produktion beschleunigen/ Fischer hat strafrechtliche Bedenken

Berlin (taz/dpa) — Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat das Karlsruher Verfassungsgericht zur Hilfe gerufen, um die Hanauer MOX- Brennelementefabrik schnell wieder anfahren zu lassen. Der hessische Umweltminister Joschka Fischer habe seine Weisung nicht fristgerecht befolgt und damit verfassungswidrig gehandelt, so der Minister gestern in Bonn. Töpfer beruft sich auf Artikel 85 des Grundgesetzes. Danach ist der Vollzug von Weisungen der Bundesregierung „durch die oberste Landesbehörde sicherzustellen“. Töpfer insistierte gestern, Fischer habe bis zum Vortag die zeitweilige Mischoxidverarbeitung im Hanauer Siemens-Brennelemente- Werk nicht wieder zugelassen. In Hanau sollte das im Fertigungsbereich lagernde plutoniumhaltige Master-Mix-Material in Brennstäbe für Atomreaktoren verarbeitet werden. Fischer habe aber lediglich vorbereitende sicherheitstechnische Maßnahmen eingeleitet und das Leerfahren der Anlage nicht angeordnet.

Fischer hatte in der Tat bis zu der von Töpfer gesetzten Frist am 5. Februar lediglich das Siemens-Unternehmen angewiesen, zu bestimmten technischen Vorbereitungen für die Wiederaufnahme der Produktion Stellung zu nehmen. Nach Auskunft seines Sprechers Georg Dick hat der hessische Minister nämlich strafrechtliche Bedenken gegen die Wiederinbetriebnahme. Daher habe Fischer ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das bis zum 13. Februar vorliegen und klären soll, ob Bonn oder Wiesbaden die strafrechtliche Verantwortung für einen eventuellen illegalen Betrieb der Anlage zu tragen habe. Es hätten sich schon einmal hessische Atombeamte wegen Beihilfe zum illegalen Betrieb einer Atomanlage vor Gericht gefunden. Hessen will das Plutonium lieber in einem sichereren Bunker lagern.

Zu dem von Fischer in Auftrag gegebenen neuen Gutachten betonte Töpfer, die Umsetzung der Weisung könne „nicht von der Prüfung einer angeblichen strafrechtlichen Relevanz abhängig gemacht werden“. Der Bundesminister gab sich sicher, daß die Relevanz nicht gegeben sei. Darüber hinaus setze Fischer mit seinem Verhalten, entgegen seinen ständigen Beteuerungen, die Sicherheit über alles zu stellen, zugleich sicherheitstechnisch notwendige Maßnahmen nicht um.

Unklar war zu Redaktionsschluß noch, ob Töpfer in Karlsruhe eine Klage im Eilverfahren beantragt. Bei ähnlichen Streitfällen, so zum schnellen Brüter in Kalkar und zum geplanten Atommüllendlager Gorleben, hatte das Verfassungsgericht zugunsten der Bundesauffassung entschieden. ten