Lügen und Taschenspielertricks

■ Betr.: „Kita-Gebühren weiter umstritten“ — taz Bremen vom 29.1.92

Vor Weihnachten fanden die betroffenen Eltern in der „taz“ nur die Behördenlesartwieder, bei der „neuen Gebührenstruktur“ würden „die Besserverdienenden“ geschröpft, für die meisten würde es sogar billiger — ganz so wie sich Klein-Fritzchen nach seinem Vorbild Robin Hood „Sozialpolitik“ vorstellt.

Vielleicht hättet Ihr die Elternvertretungen der zehntausend Bremer Kindergartenkinder zum Wahrheitsgehalt der von der Behörde und den Ampel-PolitikerInnen gepinselten Latrinenparolen befragen sollen.

Außer einer kleinen Agenturmeldung kein Wort der Berichterstattung über die Proteste und Aktionen der Eltern, die den Abgeordneten beim Nachdenken geholfen haben. Kein Wort auch darüber, daß mittlerweile von der monatelang ausgekochten (und bisher nicht zurückgezogenen) Deputationsvorlage nur noch ein Haufen qualmender Lügen, Absurditäten und Taschenspielertricks übriggeblieben ist. Oder was soll man davon halten, wenn z. B. eine fünfköpfige Familie mit einem bisherigen Monatseinkommen von 4.500 Mark für zwei Kindergartenplätze und einen Hortplatz statt bisher 4.037 Mark Jahresbeitrag künftig DM 11.649, also 7.612 Mark mehr im Jahr, berappen müßte, was einer Steigerung um 189 Prozent entspricht? Oder von der Verzehnfachung des Beitrages für einige behinderte Kinder? Oder von der geschätzten Mehrausgabe von einer halben Million jährlich, die auf dem Altar einer neuzuschaffenden zentralen Berechnungs- und Inkassobürokratie geopfert werden müßte, wenn das geplante komplizierte Berechnungsverfahren für die staatlichen und kirchlichen Kindergärten eingeführt würde?

Die Ampelkoalition befindet sich „just married“ auf einer sozialpolitischen Geisterfahrt, und Fücks' Visionen klappern als leere Blechdosen hinterher. Es wäre schön, wenn die Bremer „taz“ sich allmählich aus dem Kofferraum bequemte.

Ottmar Hinz