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: Des Hauptmanns letzter Halt

Des Hauptmanns letzter Halt

Nicht einmal Fuchs und Hase sagen sich noch in Köpenick Gute Nacht, die beiden haben sich rübergemacht. Viel zu laut rumpelt ihnen die alte Tram durch die Straßen, deren Häuser so dringend renoviert werden müßten. Neben dem Rathaus wirft die Restauration Zur alten Laterne ihr Licht auf die holprige Straße und erscheint manch einem als letzter Halt, wenn im geeinten Berlin die Ost-Nacht einkehrt. Also haben hier doch nicht alle den Mut verloren: »Das ist noch 'ne DDR-Kneipe«, betont Inhaberin Petra Roeßing, »Gastronomie gibt's doch nicht erst seit der Maueröffnung«.

Im Gegenteil: In den guten Gaststätten habe man sich noch viel mehr Zeit für die Gäste genommen, »mir macht es Spaß, sie durch den Abend zu führen, langsam ihre Geschmacksknospen zu entdecken«. Petra Roeßing gibt sich diese Mühe, die nur selten zu finden ist: Allein fünf ganz unterschiedliche Biere »vom Zapphahn« hält sie bereit, vom legendären Radeberger bis zum bitter-cremigen Guinness, das sie besser gezapft serviert als die meisten Westberliner Pubs.

An der dunklen, U-förmigen Holztheke, die beinahe den gesamten Raum einnimmt, lädt auch schon die Karte zum entspannten Auswählen ein. Das großformatige Heft enthält die riesige Weinauswahl. Eine alte Schauerballade zählt die vielen Getränke auf und erzählt Geschichten, erwähnt die kleinen Leckerbissen und hält Lebensweisheiten parat. Im Hängeregal, das die Theke unter der Decke nachzeichnet, stehen Hunderte verschiedener Bierdosen und kleiner Fläschchen. An den Wänden hängen alte Blechschilder und Laternen. Bierkrüge und Instrumente locken die Blicke der Gäste auch in die entlegensten Winkelchen, ebenso ein altes Telefon und verschiedene Uhren.

Und die gehen bekanntlich anders in Köpenick: Geöffnet Montag bis Freitag und das nur bis 22 Uhr. Doch wenn die Theke besetzt und die Stimmung gut ist, dann macht Petra Roeßing gerne länger, bis auch die letzten Gäste mitten in der Nacht zufrieden nach Hause gehen.

Sicher, Köpenick — und mit ihm die Restauration Zur alten Laterne — ist nicht gerade für seine schrille und ausgeflippte Szene bekannt. Doch lehrte nicht der Schuhmacher Voigt, als er als falscher Hauptmann von Köpenick die Stadtkasse raubte, daß Kleidern nicht zu viel Wert beigemessen werden sollten? Auf den Inhalt komme es an, und so trägt ein Drink seinen Namen, der es in sich hat: Ein bißchen Korn, ein klein wenig mehr Wermut und ein Spritzer Angostura, darin der Säbel mit einer Silberzwiebel, mit Partywürstchen und Cornichon. Auf zur Laterne...

Restauration Zur alten Laterne, Alt Köpenick 31—33 (neben dem Rathaus), Montag bis Freitag von 12 bis 22 Uhr.