Tunnel kosten 800 Millionen Mark

■ Bonner Gutachter: Trassenführung des Verkehrssenators ist die teuerste Lösung/ Regierungsviertel würde teurer/ Gutachter gegen Öffnung des Brandenburger Tores und Westtangente

Bonn/Berlin. Die von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) geplante Tunnelführung unter dem Tiergarten ist die teuerste Lösung. Bis zu 800 Millionen Mark würden die Baukosten der unterirdischen Trassen für Fernbahn- und Autoverkehr sowie U- und S-Bahn betragen, heißt es in einem Untersuchungsbericht zu den verkehrlichen Vorgaben für den städtebaulichen Wettbewerb zum Parlamentsbereich, den Bundesverkehrsminister Günter Krause (CDU) in Auftrag gegeben hat (siehe auch taz-Bericht am vergangenen Mittwoch).

Haase hat bisher vorgeschlagen, daß alle drei Tunnelröhren genau unterhalb des Regierungsviertels verlaufen sollten. Bei diesem unterirdischen Verlauf, den auch die Deutsche Reichsbahn favorisiere, ergäben sich darüber hinaus höhere Kosten für den Bau des Bundeskanzleramtes und andere Neubauten, heißt es in dem Bonner Bericht weiter, der der taz vorliegt. Diese Kosten erhöhten sich gegenüber einer normalen Bauweise [ohne Tunnel unter den Fundamenten, Anm. d. Red.] teilweise erheblich.

Das Gutachten wurde im Dezember vergangenen Jahres fertiggestellt und geht deshalb nicht auf den jüngsten Vorschlag des Bundesverkehrsministers ein, einen Umsteigebahnhof in der Friedrichstraße statt am Lehrter Bahnhof zu realisieren. Sollten sich Bonn und Berlin aber auf einen zentralen Bahnhof an der Lehrter Straße einigen, raten die Experten zu einer »extremen« Verschiebung der Tunnel nach Westen. Weil die unterirdischen Röhren unabhängig vom Regierungsviertel gebaut werden könnten, fielen dann die Kosten um bis zu 300 Millionen Mark niedriger aus.

Am allergünstigsten schneidet im dem Bericht an Krause aber das Ringkonzept ab: Der Untergrund des Tiergartens wird nur von einem S- und U-Bahn- sowie Straßentunnel zerschnitten, die Kosten würden eine halbe Milliarde Mark betragen, weitere Kosten für komplizierte Fundamente von Hochbauten entfallen. Bei dem Ringkonzept würden die Fernbahnen nicht in die City, sondern auf den inneren S-Bahn-Ring zu mehreren verschiedenen Bahnhöfen geführt.

Krauses Sprecher Gert-Jürgen Scholz wollte gestern nicht dazu Stellung nehmen, ob sich Bonn für das Achsenkreuz- oder das Ringbahn- Konzept entschieden habe. Auch die Sprecherin des Berliner Verkehrssenators, Uta-Micaela Dürig, konnte im Konflikt zwischen Bonn und Berlin keine neuen Erfolge benennen: »Wir suchen gemeinsam die optimale Lösung.«

Unverhofft wird mit Krauses Untersuchungsbericht die ökologische Opposition dieser Stadt unterstützt. Die Gutachter sprechen sich gegen eine Öffnung oder enge Umfahrung des Brandenburger Tores aus. Die Straße des 17. Juni soll als städtebaulich bedeutsame Ost-West-Achse erfahrbar bleiben. Die Fachleute wenden sich auch gegen die Autobahnanbindung des Potsdamer Platzes an das Autobahnkreuz am Sachsendamm: »Die früher geplante Westtangente würde einen derartig starken Verkehrssog auslösen, daß eine unerwünschte Überflutung des Parlamentsbereichs durch Durchgangsverkehr eintreten würde.« Dirk Wildt