Brav gespart und dennoch pleite

■ Noch-Zweitligist Blau-Weiß 90 hat immerhin fast 300 Mark auf dem Konto

Blau-Weiß 90 befindet sich weiterhin im freien Fall aus der Zweiten Fußball-Bundesliga in die Amateur-Oberliga. Der Verein ist schlichtweg pleite. Zwar stehen die Mariendorfer nicht mit 21 Millionen in der Kreide wie der 1 FC. Nürnberg — da nehmen sich ihre 2,5 Millionen Miesen noch recht bescheiden aus —, doch entscheidend für den drohenden Kollaps sind »akute Liquiditäts-Engpässe«, da hilft die schönste Formulierung nichts. Damit die Kicker nach drei gehaltlosen Monaten wieder ein paar Groschen bekommen, wurde Torwart Holger Gehrke bis zum Saisonende an Schalke 04 ausgeliehen: 70.000 Mark ließen sich die von Zuschauermassen überfluteten und trotzdem verschuldeten Gelsenkirchener ihren neuen Ersatzkeeper kosten.

Nachdem Präsident Thomas Hünerberg vor zehn Tagen aus den obligatorischen »beruflichen Gründen« vorsorglich zurückgetreten war, erwies sich der nunmehr nur aus zwei Herren bestehende geschäftsführende Vorstand als nicht ausgesprochen handlungsfreudig: Schatz(!)meister Reuber wurde doch tatsächlich am Blinddarm operiert, »Vize« Hans Maringer kümmerte sich in Nürnberg aus hauptberuflichen Gründen um den Verkauf seiner Toiletten und Waschbecken. Und die Mannschaft weilte für eine Woche auf Malta, was den Verein »40.000 Mark kostet, die wir nicht haben«, wie Maringer in einem philosophischen Höhenflug bemerkte. Immerhin gab's auf Malta ein 1:1 gegen die U21 aus Island sowie ein 0:1 gegen den FC Luzern, na, das läßt doch hoffen für die Abstiegsrunde ab dem 7. März, wo der Herbstmeister der Zweiten Liga (man glaubt's kaum noch) sich wenigstens auf sportlichem Weg die Existenz im bezahlten Fußball sichern will.

Nun wartet der Erstligist erst mal sehnsüchtig auf die nächsten Zahlungen: 200.000 Mark von der Spielbank und noch ausstehende Fernsehgelder. Das wird's dann größtenteils gewesen sein an Einnahmen in dieser Saison, denn die noch anstehenden fünf Heimspiele werden wohl kaum mehr Zuschauer anlocken als die letzten beiden, zu denen sich insgesamt rund 1.600 verirrten. Das Eintrittsgeld dürfte gerade für die Ordnerkosten und den Kaffee bei den Pressekonferenzen reichen.

Und niemand ist in Sicht, der Hünerbergs Nachfolge antreten wollte. Auch Maringer nicht, der seit Jahren unverdrossen Geld in den Verein pumpt. Sollte er sich ganz zurückziehen, würde er sicher einen Teil seiner Investitionen zurückfordern. Darauf darf man wirklich gespannt sein, vielleicht nimmt er mangels Geld einfach ein paar Spieler mit zum, sagen wir, 1. FC Nürnberg. Mensch, Maringer, überleg doch mal: 21 Millionen, da haste vielleicht was zu sanieren. Drittelmann