EIN OZONLOCH IST IM EIMER Von Mathias Bröckers

Ozon ist ein gefährliches, hochgiftiges Gas — doch neuerdings setzen wir uns dafür ein, als handele es sich um eine putzige aussterbende Tierart. Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) hingegen gehört zu den harmlosesten Chemikalien überhaupt, es ist weder giftig noch ätzend, noch brennbar — doch in der öffentlichen Meinung gilt FCKW seit einiger Zeit als Monster schlechthin: Es frißt Ozon und nagt am Schutzschild der Biosphäre. Seit vergangene Woche neue Zahlen über die Ausmaße des „Ozonlochs“ bekannt wurden, ist das Drama um den Helden Ozon und den Schurken FCKW in eine neue Runde gegangen— und keine Frage, wo bei uns Öko-Freunden die Sympathien liegen. „Hautkrebs, Augenschäden, Mißernten!“ — wußten wir nicht schon immer, daß die Farbwerke Hoechst zum Reich des Bösen gehören? Und ist ein Joschka Fischer, der diesen chemischen Kampfhund an der langen Leine flanieren läßt, nicht letztlich ein IM dieser Agentur? Na klar— angesichts der bedrohlichen Lage gibt es in der FCKW-Frage keinen anderen Weg als die sofortige, radikale Null-Lösung! Was würde das bringen? Ich wage eine ketzerische Prognose: Krebs, Gesundheitsschäden, Mißernten. Ende der 60er Jahre finanzierte der britische Klimatologe James Lovelock einen einfachen Apparat zur Messung von FCKW-Spuren in der Stratosphäre aus seiner Haushaltskasse — der Wissenschaftsbetrieb hatte den Antrag auf 300 Pfund Zuschuß abgelehnt, weil eine solche Messung überflüssig sei. Lovelock wußte nichts über die Auswirkungen von FCKW in der Ozonschicht und behauptete, es stelle dort „keine erkennbare Gefahr“ dar. Bekannt war ihm FCKW nur als starkes Treibhaus-Gas, in dessen Auswirkungen auf das Klima er das höhere Gefahrenpotential sah. Dabei blieb er auch, als einige Jahre später der chemische Zerstörungsmechanismus des FCKWs in der Ozonschicht aufgedeckt wurde — und vergleicht heute die hysterischen Reaktionen der Öffentlichkeit mit einem Hypochonder, der erstmals vernimmt, daß er einen Blutdruck von 110/60 hat und sich sofort Sorgen macht: „Ist das nicht zu niedrig, Herr Doktor?“ „Jegliche hochenergetische Strahlung, die durch unsere Haut dringt, kann Schädigungen im genetischen Material unserer Zellen hervorrufen..., auch das Wachstum von bösartigen Geschwülsten. Das klingt erschreckend, doch zur Beruhigung sei daran erinnert, daß die krebserregenden Auswirkungen dieselben sind wie beim Einatmen von Sauerstoff, ebenfalls ein krebserregender Stoff. Bei einem Vergleich mit der Medizin könnte man sagen, daß die Furcht vor Hautkrebs als Folge des Ozonrückgangs zunächst zu einer weltweiten Hypochondrie geführt hat. Wir sind ihr nur allzuschnell verfallen... Gute Ärzte wissen, daß Hypochondrie ein Hilferuf sein kann und oft die Existenz einer tatsächlichen Krankheit verschleiert“ (J. Lovelock, Das Gaia-Prinzip). Mit der radikalen Ausrottung des bösen FCKWs und Artenschutz fürs gute Ozon wird nicht die Krankheit beseitigt, sondern am Symptom herumgedoktert. Dies macht nur Sinn, wenn es nicht stellvertretend für die Heilung der Krankheit geschieht. Sich allein auf das Stopfen des Ozonlochs zu konzentrieren, ist so absurd wie das Procedere in der Volksweise „Ein Loch ist im Eimer“— als Phänotyp menschengemachter Risse und Zerstörungen des planetarischen Gleichgewichts wird es sofort an anderer Stelle wieder aufbrechen.