BGH verwirft „Aschu“-Urteil

Prozeß gegen Startbahngegner Alexander „Aschu“ Schubart muß vor dem OLG neu aufgerollt werden  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — In einem der längsten Verfahren in der Justizgeschichte der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich nach knapp zehn Jahren für den auf dem Instanzenweg mehrfach verurteilten prominenten Startbahngegner Alexander „Aschu“ Schubart der erste Silberstreif am Horizont ab: Wie gestern bekannt wurde, gab der Bundesgerichtshof (BGH) bereits Ende Januar einstimmig einer Beschwerde von Schubart und seinen Anwälten gegen das letzte Urteil des Frankfurter Oberlandgerichts (OLG) statt. Vom Staatsschutzsenat des OLG unter Vorsitz von Richter Schieferstein war Schubart im Mai 1991 wegen „Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall“ zu achtzehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Daß dieses „unerwartet harte Urteil“ (Schubart) einer Prüfung durch die Richter des 3. Strafsenates des BGH nicht standhielt, lag vor allem daran, daß das OLG — nach Auffassung des BGH — „wesentliche Strafmilderungsgründe“ bei seiner Urteilsfindung „nicht beachtet“ habe. Insbesondere habe der Schieferstein-Senat am OLG die extrem lange Verfahrensdauer nicht berücksichtigt und Prozeßerkenntnisse bei der Strafmaßbegründung doppelt verwertet — für den grundsätzlichen Nachweis des „einfachen Landfriedensbruchs“ und für den Nachweis des „Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall“.

Der „Fall Schubart“ muß nun vor dem OLG Frankfurt von einem anderen Strafsenat neu aufgerollt werden. Für den exponierten Startbahngegner, der aufgrund seiner kämpferischen Rede auf einer Massenkundgebung im November 1981 in Wiesbaden in die Mühlen der Justiz geraten war, ist das abschließende Urteil von existentieller Bedeutung. Noch immer ist der ehemalige Beamte der Stadt Frankfurt vom Dienst suspendiert — bei um den Betrag von 800 DM pro Monat gekürzten Bezügen und Streichung des dreizehnten Monatsgehaltes. Wäre das Urteil des OLG vom Mai 1991 rechtskräftig geworden, hätte der inzwischen 61 Jahre alte Jurist endgültig seinen Beamtenstatus verloren. Schubart: „Das wäre im Hinblick auf meine Pension eine persönliche Katastrophe gewesen. Ich hoffe, daß ein neuer Senat am OLG jetzt schnell zu einem gerechten Urteil kommt. Und ich hoffe, daß das Strafmaß dann meinen Beamtenstatus nicht mehr tangiert.“ Schubart und seine Anwälte setzen auf Freispruch, respektive auf eine Bewährungsstrafe von unter einem Jahr.

Der BGH hatte schon einmal ein Urteil gegen Schubart korrigiert. 1982 war der Startbahngegner wegen „Nötigung eines Verfassungsorgans“ zu zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt worden. Auf Revision Schubarts hin verwies der BGH ein Jahr später auch dieses Urteil zurück an das OLG zur Festlegung eines neuen Strafmaßes unter der Prämisse, daß die neue Anklage auf „Landfriedensbruch in Tateinheit mit Nötigung“ zu lauten habe. An der Blockade des Flughafens und der Autobahn Köln-Frankfurt am Sonntag nach der Rede von Schubart in Wiesbaden durch Tausende von Demonstranten, hatte „Aschu“ überhaupt nicht teilgenommen.