Kein Wohnungsneubau in Ost-Berlin

■ Städtische und freie Wohnungsunternehmen beklagen sich über Blockaden beim Wohnungsneubau Behörden reagieren nicht schnell und nicht flexibel genug/ Großsiedlungen statt Kleingärten

Berlin. Wohnungsneubau im Ostteil der Stadt findet praktisch nicht statt: Für 7.542 Wohnungen, die die städtischen Gesellschaften bauen wollen, liegt die Planung auf Halde, weil der Senat nicht schnell genug die rechtlichen Voraussetzungen schafft. Dies sagte die Sprecherin des Verbandes städtischer Wohnungsbaugesellschaften, Christa Fluhr.

Zum Hintergrund: Viele der Flächen in Ost-Berlin, die — noch — den städtischen Wohnungsbaugesellschaften gehören, sind rückübertragungsbefangen. In diesen Fällen können die städtischen Gesellschaften unter Berufung auf den Paragraphen 3a des Vermögensgesetzes beim Bausenator eine Investitionsbescheinigung verlangen. Wird diese erteilt, dann dürfen sie bauen. 307 solcher Anträge, die 7.542 Wohnungen betreffen, liegen nun teils seit einem dreiviertel Jahr auf den Schreibtischen der Bauverwaltung. Bislang wurden lediglich sechs Zwischenbescheide erteilt, jedoch noch keine einzige Investitionsbescheinigung.

Auch sonst gehe es im Wohnungsneubau schleppend voran, sagte Frau Fluhr in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Fachgemeinschaft Bau — dem Verband der Bauwirtschaft — und den Freien Wohnungsunternehmen. Von den 10.000 Wohnungen, die in den Jahren 1990 und 1991 bewilligt worden sind, seien 2.040 noch nicht begonnen worden, hieß es. Wenn man die vom Senat veranschlagten 400.000 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2.010 schaffen wolle, müßten die Baugenehmigungsverfahren vereinfacht werden, sonst würde sich ein Großteil der Bauunternehmen ganz aus dem Wohnungsbau zurückziehen.

Flächen für den Wohnungsbau gebe es genug, sagte Kaspar Freymuth von der Fachgemeinschaft Bau. Sie müßten nur von den Ämtern baureif gemacht werden. So gebe es innerstädtische Kleingärten mit U-Bahn-Anschluß, dort solle man lieber Wohnungen bauen. Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand, vor allem in Ost-Berlin, könne man verdichten, sagte der Verbandschef der Freien Wohnungsunternehmen, Dietmar Otremba. Aber auch ins Märkische Viertel, in die Gropiusstadt oder nach Marzahn würden noch einige Wohnungen passen, meinte Frau Fluhr. Man müsse jedoch auch neue Großsiedlungen bauen.

Vorwürfe, den Wohnungsneubau zu blockieren, richteten die drei vor allem an die Bezirksämter. Die Bezirkspolitiker fühlten sich offenbar weniger den Wohnungssuchenden verpflichtet, sondern mehr der Mehrzahl ihrer Wähler, die bereits Wohnungen hätten und sich durch Bauarbeiten belästigt fühlten.

Die Kostenmiete im Sozialen Wohnungsbau sei mit bis zu 40 Mark pro Quadratmeter zwar relativ hoch, räumte Freymuth ein, jedoch sei ein Großteil davon auf hohe Zinsen und Grundstückskosten zurückzuführen. Wenn die Berlinförderung nach Paragraph 17 wegfalle, würden die Kostenmieten im Sozialen Wohnungsbau noch einmal um sechs bis sieben Mark den Quadratmeter steigen. Das Land Berlin solle lieber geringere Beträge in Wohnungen des sogenannten zweiten Förderweges investieren, obwohl dessen Mieten höher seien, sagte Frau Fluhr. Zudem solle der Senat die Fehlbelegungsabgabe erhöhen. esch