Millionengeschenk an Alteigentümer

■ Die Senatsbauverwaltung investiert Millionen von Sanierungsgeldern ohne Mietbindung/ Die Alternative wäre noch mehr Leerstand in Ost-Berlin

Berlin. Millionen von öffentlichen Geldern werden vom Land Berlin ohne Gegenleistung an private Hauseigentümer verschenkt — schuld ist der Einigungsvertrag. Allein im Jahr 1991 steckte der Senat zirka 300 Millionen Mark in die Leerstandbeseitigung und die Modernisierung von Wohnungen im Ostteil der Stadt. Deren Mieten sind anschließend bis zu zwanzig Jahre lang gebunden. Weit über die Hälfte der Altbauten in Ost- Berlin werden jedoch von den Alteigentümern zurückgefordert. Wird nun ein Haus saniert, setzt sich die Wohnungsbaugesellschaft mit dem Alteigentümer zusammen und versucht, ihn zum Einverständnis mit diesen Konditionen zu überreden.

Oft jedoch sind die Alteigentümer nicht bekannt. Setzt nun ein Alteigentümer seinen Anspruch durch, nachdem das Land Berlin das Haus saniert hat, so ist er keinesfalls verpflichtet, sich an die Mietbindung zu halten. Das betrifft, schätzt Rudi Kujath von der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain, rund 20 Prozent der Ostberliner Altbauten.

»Eine Mietbindung ist hinterher rechtlich nicht mehr durchsetzbar, das Land Berlin kann schließlich keinen Vertrag zu Lasten Dritter abschließen«, erläutert Falk Jesch von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Der frischgebackene Wieder- Eigentümer ist zwar verpflichtet, sich an die in der ehemaligen DDR geltende Mietpreisbindung zu halten. Doch daß es die in einigen Jahren nicht mehr geben wird, ist abzusehen. »Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir öffentliche Gelder in so ein Haus stecken, aber anders ist das nicht machbar«, sagte Jesch. Die wenigsten Alteigentümer wären bereit, einem Sanierungsvertrag plus Mietbindung zuzustimmen. Und die Alternative wäre, die Häuser leerstehen zu lassen. Das sei angesichts der Wohnungsnot unverantwortbar, zudem würde sonst der Leerstand noch zunehmen, denn die Häuser verrotteten ja immer weiter. Eine reine Instandsetzung — die ja bekanntermaßen nicht zu höheren Mieten führt — sei sinnlos. »Wenn Sie sowieso die Decken rausreißen müssen, können Sie gleich eine Zentralheizung einbauen, statt den Kachelofen wieder hinzustellen«, erläuterte Jesch. Die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain steckt sogar ihr Geld bevorzugt in Häuser, bei denen es noch unklar ist, ob sie an Alteigentümer zurückgehen. »Bei den Häusern, die mit Sicherheit zurückgehen, werden diese Gelder ja auf alle Fälle privatisiert«, so Kujath.

Der zuständige Referatsleiter der Senatsbauverwaltung, Dieter Geffers, bestätigte diesen Sachverhalt. Eine andere Regelung sei nicht möglich, denn das berühre Bundesgesetze. Geffers meinte jedoch, das Land Berlin könne in den Fällen, in denen Häuser mit öffentlichen Geldern mittels eines Modernisierungsgebots saniert worden sind, eine Entschädigung vom Alteigentümer verlangen. Ob diese der tatsächlichen Wertsteigerung der Häuser entspricht, konnte Geffers jedoch nicht sagen.

Geschäfte mit solchen Häusern werden schon jetzt gemacht: Ein Haus in der mit 30 Millionen Mark an öffentlichen Geldern sanierten Mainzer Straße wird derzeit zum Verkauf angeboten. esch