»Momper soll die Schnauze halten«

■ Walter Mompers Wille, wieder Spitzenkandidat zu werden, provoziert eine Flut von Protesten bei den Sozialdemokraten/ SPD-Fraktionsvorsitzender Ditmar Staffelt will sich erst 1993 entscheiden

Berlin. »Eine Diskussion über die Spitzenkandidaten nach Bonner Vorbild«, sagt der SPD-Abgeordnete Klaus Böger, »will ich in Berlin nicht haben.« Obwohl Böger, stellvertretender Parteivorsitzender und Protagonist des rechten Parteiflügels, in dieser Frage sogar mit seiner linken Kontrahentin Monika Buttgereit einig ist, ist sein Wunsch erst mal nicht in Erfüllung gegangen.

Parteichef Walter Momper hatte die Personaldebatte am Samstag mit einem taz-Interview eröffnet. »Ich will bei den nächsten Wahlen wieder Spitzenkandidat werden«, hatte der ehemalige Regierende Bürgermeister offen erklärt — und damit eine beispiellose Protestflut in der eigenen Partei provoziert.

Beim Fraktionschef der Sozialdemokraten, Ditmar Staffelt, der seinen Anspruch bisher nicht lauthals angemeldet hat, klingelte am Montag immer wieder das Telefon. Parteifreunde forderten ihn auf, Momper nun offen entgegenzutreten. Staffelt beließ es jedoch dabei, seinen Rivalen zu rüffeln: Diese Diskussion sei »absolut überflüssig« und komme angesichts der vielen drängenderen Probleme zur Unzeit.

Die Abgeordneten der SPD-Fraktion, ebenfalls erbost, debattierten am Dienstag nachmittag fast eine Stunde lang über Momper und übten einhellig Kritik. »Du solltest die Schnauze halten«, raunzte ihn Alexander Longolius an. Hans-Joachim Gardain erinnerte daran, daß Momper sich auch schon als Olympia- Chef und Ministerpräsident eines vereinigten Berlin-Brandenburg ins Gespräch gebracht habe.

Momper läßt sich davon vorerst nicht beirren. Niemand könne ihn an solchen »Meinungsäußerungen« hindern, sagt sein Sprecher Michael Donnermayer. Eine »Demutsgeste« werde Momper nicht liefern.

Die Beharrlichkeit des Landesvorsitzenden macht jetzt auch manche Staffelt-Freunde in der SPD-Fraktion nervös. Momper habe nun Startvorteile für den Fall, daß die große Koalition überraschend platze und auf die schnelle ein Spitzenmann gekürt werden müsse. Staffelt müsse sich deshalb überlegen, wie er seinen Anspruch »besser zur Geltung bringen könne«.

Den Fraktionschef ficht das bisher nicht an. Es sei zwar »immer gut«, so Staffelt gegenüber der taz, »wenn es Leute gibt, die meinen, ich könnte das machen«. Er selbst entscheide sich jedoch erst, »wenn es soweit ist«. Im nächsten Jahr müsse die Partei »ein Verfahren festlegen«, 1994 könne die Kandidatenkür folgen.

»Wer zu früh startet, den bestraft das Leben«, warnt auch Böger. Erst in ein oder zwei Jahren sollte die Diskussion über die Spitzenkandidatur beginnen. »Und ich vermute«, so der Parteivize sibyllinisch, »daß es dann in der Berliner SPD noch ein paar andere außer Momper und Staffelt gibt, die ihr Interesse anmelden.« hmt