Annäherung im Kurilenstreit in Sicht

Japan und Rußland versprechen sich gegenseitig einen Friedensvertrag/ Territorialkonflikt noch nicht beigelegt  ■ Aus Tokio Georg Blume

In den scheinbar unlösbaren Streit zwischen den Großmächten Rußland und Japan um vier verlassene Fischerinseln im Norden von Nippons Küsten ist seit einigen Tagen Bewegung gekommen. Beide Seiten haben am Dienstag in Moskau ihr Vorhaben kundgetan, schon im September dieses Jahres einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, auf den die Welt seit 1945 wartet, der aber ohne eine Lösung des Grenzkonflikts um die vier Kurileninseln für Japan nicht in Frage kommt.

Der Verhandlungspoker um Recht und Stolz auf die Kurilen war am Montag in Moskau fortgesetzt worden, wo sich die Japaner erstmals einer russischen Delegation gegenübersahen. Rußland hat die Hoheit über die Kurilen von der ehemaligen Sowjetunion übernommen. Nun führt der in die Position des Vize-Außenministers aufgerückte Japanexperte Georgy Kunadze auf russischer Seite die Verhandlungen und verspricht schon durch seine Person einen konfliktfreieren Gesprächsablauf.

Kunadze war es auch, der den Japanern eine von der Tokioter Presse am Mittwoch weit überspielte Hoffnung auf die Rückgabe aller vier Kurileninseln gab. In den Moskauer Gesprächen hatte Kunadze nämlich das russisch-japanische Schiffahrtsabkommen aus dem Jahre 1855, das eine Grenzziehung zugunsten Japans festlegte, als „historisches Faktum“ bezeichnet. Damit wird freilich das Werk von 1855 noch lange nicht als Verhandlungsgrundlage anerkannt. Genau darauf aber hofften die japanischen Unterhändler.

Dennoch machten beide Seiten in Moskau Fortschritte. Zumindest die Rückgabe der zwei südlichen, unbewohnten Kurileninseln scheint für Moskau inzwischen denkbar zu sein. Auf einen solchen Kompromiß hatten sich beide Seiten schon 1956 geeinigt, doch wurde ein damaliges Abkommen aufgrund des sich verschärfenden Kalten Krieges nicht eingehalten.

Japan hat einem Kompromiß nach dem Muster von 1956 jedoch längst noch nicht zugestimmt. „Es wird für uns sehr schwierig sein“, betonte der japanische Vize-Außenminister Kunihiko Saito, „den anderen G7-Ländern in ihren Bemühungen für Rußland zu folgen. Ohne die Lösung des Territorialkonflikts würde das japanische Volk solche Bemühungen nicht verstehen.“ Vor dem Hintergrund der verstärkten Hilfen der Industriestaaten für die ehemalige Sowjetunion wird die japanische Hartnäckigkeit gegenüber Moskau für westliche Diplomaten in Tokio immer unverständlicher. Eine weitere Verhandlungsrunde soll nun im März in Japan stattfinden.