“Sonst müssen wir Scheiß machen“

■ Trüpel soll mit „Stellenklau“ in Freizis Schluß machen / Senatorin verspricht nichts

Waller JugendprotestFoto: Jörg Oberheide

Rappelvoll ist es im Jugendfrei

zeitheim Walle. An den Wänden

hängen Protestplakate, auf der Bühne steht ein Sarg mit der Aufschrift: „JFH Walle 1953 —?“ Türkische Jugendliche skandieren immer wieder „Hausbesetzung! Hausbesetzung!“ Und in Mitten der Protestinszenierung sitzt die Senatorin für Jugendarbeit, Helga Trüpel und läßt das Gerwitter auf sich niedergehen. „Reden kann ich auch viel, Taten will ich sehen“, brüllt ein Mädchen. Eine Delegation aus Osterholz-Tenever ist da, um bei dieser Gelegeheit auch die Nöte im Freizi der Betonsiedlung kundzutun: „Ich bin 18 Jahre alt. Wenn Werner geht, dann fällt der Disco-Club aus. Und dann müssen wir auch Scheiße bauen.“

Die Schmerzgrenze im Freizi Walle ist überschritten, seit der ehemalige Freizi-Leiter Ernst Schütte zur Bremer Arbeitslosen Selbsthilfe wechselte. „Die feste Zusage zur Wiederbesetzung ist nicht eingehalten worden“, wirft Schütte unter Beifall dem anwesenden Abteilungsleiter im Sozialressort, Hans Leppin, vor. „Das ist das böse Spiel des Stellenklaus.“ 25 Stellen sind in den Freizis zwischen 1983 und 1987 gesrichen worden. In Walle sind von den fünf Stellen gerade 2,5 übrig geblieben. Andernorts kam es noch dicker: Blockdieck, Sattelhof, Hemelingen und Haferkamp wurden dicht gemacht. Und wenn die Stelle in Walle nicht endlich wieder besetzt wird, „dann bedeutet das auch hier das Ende“, meint Schütte.

„Bei mir rennt ihr offenen Türen ein“, versichert Trüpel, die es „toll findet, wie viele hier sind.“ Die grüne Senatorin genießt offensichtlich einen kleinen Vertrauensvorschuß. Nur zu genau erinnern sich die MitarbeiterInnen an die VorgängerInnen Henning Scherf und Sabine Uhl, und deren „Tradition viel zu versprchen und nichts zu halten.“ „Machen Sie Schluß damit“, fordert einer.

Trüpel fängt vorsichtshalber gar nicht erst damit an. „Hier kann auf keinen Fall weiter gespart werden“, sagt sie und: „Ich setze mich für die Wiederbe setzung der Stelle ein.“ Und zum Beweis zieht sie einen Beschluß der Deputation für Jugendarbeit und Ausländerintegration aus der Tasche, in dem die Wiederbesetzung aller Stellen im Bereich Jugendarbeit gefordert wird. Doch mehr mag sie trotz mehrmaliger Aufforderung nicht zusagen. „Ich verspreche Euch nicht das Blaue vom Himmel und ich lasse nicht locker. Aber ich bin nicht der Senat.“ Auf die Aufforderung, ihre Perspektiven im Amt von der Wiederbesetzung der Stelle abhängig zu machen, antwortet Trüpel lieber nicht.

Jugendamtsleiter Hans Leppin ist dagegen der Versprechenskultur noch mehr verhaftet: „Ich bin überzeugt, daß es gelingen wird, die Sparrate von den Freizis fernzuhalten“, meint er. Und: „Ich setze fest darauf, daß der Senat positiv über die Stellenbesetzung entscheidet.“

Nach eineinhalb Stunden sind Diskussionsbedarf und-bereitschaft gedeckt. „Hausbesetzung, Hausbesetzung“, rufen die Jugendlichen immer öfter. Und in der nächsten Woche gibt es das Gleiche an anderem Ort: Diesmal im Freizi Tenever, wo Werners befristete Stelle demnächst ausläuft. hbk