Oldenburg bei Nacht

Oldenburg (taz) — Der Kulturkampf in den Discos tobt nicht nur in Großstädten. Die Auseinandersetzungen haben fast die Nordseeküste erreicht. Cyberspace-Robben gegen Woodstock-Fische.

Die Oldenburger Szene ist gespalten. Lust or Love, astro-caps oder Palli- Tücher, Daiquiri oder Schwarzriesling? Die Linksradikalen üben sich in Kontinuität, Kunst und snooker. Sie saufen im „Marvin“ in der Rosenstraßen, verzichten aus Liebe zu den Tümmlern auf ihren Heringssalat und gehen höchstens einmal im Monat in die Kiezdisco im Osternburger „Alhambra“. Riders on the Storm.

Wer dagegen Esoterik und Räucherstäbchen mag, wird sich donnerstags für ein Stündchen ins „Amadeus“, in die Mottenstraße begeben. Gestreßte Studis glotzen dort nach OL-Women. Betrunkene langhaarige Jugendliche torkeln zu einer für sie pränatalen Musik. Die Laser- Show ist faszinierender als die demonstrative Innerlichkeit auf dem Dancefloor. Ein unter Flower-Power-Wiederholungszwang stehender DJ produziert Kopfschmerzen. Doors, Stones, die Beatles in Folge. Strawberryfields forever. Auf dem Klo riecht's nach Hasch. No one gets out here alive!

Neue Wege versucht der „Metro- Club“. Gestern wurden die Doors- Abhängigen zu einer „Night fever“- Party gelockt, auf der ihnen das Kulturgut der Seventies vermittelt wurde. Van McCoy, Gloria Gaynor, die Hues Corporation: „Rock the Boat“, Baby. Am 27. Februar erfolgt dann ein Vortrag zum Thema „Das dritte Ohmsche Gesetz“. DJ Sonic und Kumpel Armageddon erläutern den Zusammenhang von Leistung, Widerstand und Stromstärke. Zuckende Körper verdunsten Ecstasy. Baßrhythmen, mit Flippervokalen überlegt, produzieren einen Tanzstil zwischen imaginärem Basketballtraining und einer Karate Kata. Orgiastische Schreie auf der Tanzfläche, dazu Flashlight, Nebel und eine Dia- Show. Oldenburg im Tekkno-Nirwana, „James Brown is dead“.

Postmoderne Musikerfahrung gar noch in den Vororten. Neben dem solitaire motion center findet sich das „Stella Polaris“. Dort unterhält DJ Arndt die Dorfjugend mit Hiphop, Rap und Achim Reichel. Doors, Village People oder Techno spielt er auf Wunsch natürlich auch. Karsten Dose