Giftschiffe an der Kette

■ Ermittlungen wegen Körperverletzung

Magdeburg (taz) — Eigentlich sollten sie bis zum 31. Januar verschwunden sein. Aber noch immer liegen in den Häfen von Magdeburg und Genthin sechs polnische Frachter an der Kette, beladen mit hochgiftiger Schlammkohle. Die Wasserpolizei hatte die Schiffe gestoppt, als die Matrosen wegen der unerträglichen Ausdünstung des Schlamms wie die Fliegen umfielen. Deklariert war die Ladung als Schlammkohle, die in Heizkraftwerken in Sachsen-Anhalt und Brandenburg verbrannt werden sollte. Für die Staatsanwaltschaft ein Fall umweltgefährdender Abfallbeseitigung. Denn der TÜV hat die Ladung als Sondermüll eingestuft, und weder in Sachsen-Anhalt noch in Brandenburg gibt es Anlagen, die für Sondermüllverbrennung geeignet sind.

Die Bezirksregierung Magdeburg hatte der Duisburger Firma Löhr, die das giftige Zeug auf die Reise in Richtung Osten geschickt hatte, eine Frist bis Ende Januar gesetzt, die Schiffe samt Ladung zurückzuholen. Jetzt sucht die Behörde selbst nach Möglichkeiten, das Zeug zu entsorgen. Für die Firma, die ihren verseuchten Schlamm auf elegante Weise im Osten entsorgen wollte, wird das eine extrem teure Angelegenheit. Zum einen wird sie den Behörden die Entsorgungskosten erstatten müssen. Die polnische Reederei, die den Giftschlamm in Richtung Osten brachte, macht den Umsatzausfall geltend. Sechs Frachter, die monatelang in Sachsen-Anhalt an der Kette liegen, können nun mal kein Geld verdienen. Und dann ist da auch noch die Staatsanwaltschaft. Die ermittelt gegen die Duisburger Firma wegen umweltgefährdender Abfallbeseitigung und Körperverletzung. Nicht die einzigen Ermittlungen in dieser Angelegenheit. „Wir ermitteln in diesem Zusammenhang auch gegen andere Leute“, so Magdeburgs Umweltstaatsanwalt Jochen Thied. Unter anderem gegen die Empfänger des giftigen Schlamms. Einen ersten Strafbefehl wegen unerlaubten Betriebes einer genehmigungspflichtigen Anlage hat Thied gerade an das zuständige Gericht abgeschickt. Eberhard Löblich