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■ Internationale Solidaritätsaktionen für Rushdie

„Drei Jahre sind genug!“, lautet die Überschrift eines Papiers des britischen Rushdie-Komitees, wo die Kampagnen zu Rushdie zusammenlaufen. Seit dem Mordaufruf vom 14. Februar 1989 sind das „International Committee for the Defence of Salman Rushdie and his Publishers“ und das Büro von „Article XIX“ aktiv — Carmel Bedford und Frances D'Souza, zwei ehemalige JournalistInnen, koordinieren bei „Article XIX“ alle Aktionen und haben auch bei der Briefe- Kampagne von taz und WORLD MEDIA geholfen.

Ziele der Kampagnen, so Bedford, sind nach wie vor: Das Kopfgeld, das auf Rushdie ausgesetzt wurde und sich inzwischen auf 4,5 Millionen Mark beläuft, muß zurückgezogen werden. Der Iran als ein Mitglied der UNO und Unterzeichner verschiedener Menschenrechtserklärungen darf nicht länger seine Verantwortung für die Fatwa bestreiten. Die britische und andere Regierungen müssen sich bewußt werden, daß diese Fatwa eigentlich den Abbruch der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen nach sich ziehen müßte.

Höhepunkt der britischen Aktionen zu Rushdie ist heute eine BBC- Sendung, in der Günter Grass, Tom Stoppard und Martin Amis diskutieren — die Rede von Grass zu diesem Anlaß wird morgen in der taz zu lesen sein. In den USA wollen Mitglieder des PEN-Clubs den Kongreß aufsuchen und die Politiker auffordern, Druck auf den Iran auszuüben.

In Deutschland ergriff der PEN- Club die Initiative zu den „Briefen an Rushdie“, die von der taz aufgenommen und „internationalisiert“ wurde. Außerdem haben die deutschen PEN-Zentren die Bundesregierung gestern zu Sanktionen gegen den Iran aufgefordert. Die Bundesregierung müsse ihre diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu der Islamischen Republik davon abhängig machen, daß der Mordaufruf zurückgezogen werde. In Straßburg haben 115 Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Resolution unterzeichnet, in der die Regierungen zu einer klaren Politik gegenüber dem Iran aufgerufen werden. Weitere Aktionen vermeldet „Article XIX“ aus Dänemark, Frankreich, Australien und Kanada.

D'Souza macht sich allerdings keine Illusionen. Die Aktionen können nicht verbergen, daß das anfänglich „starke Engagement von politischer Seite abgebröckelt ist. Nach dem Golfkrieg sind Großbritannien und die EG wieder an freundlichen Beziehungen zum Iran interessiert.“ thc