Tudjman kritisiert den UNO-Plan

■ UNO drängt jedoch auf Truppenentsendung/ Serbische Opposition ruft zum Sturz von Milosevic auf

Berlin (taz) — Die Vereinten Nationen wollen nun energisch darauf drängen, Blauhelme nach Kroatien zu entsenden. Generalsekretär Butros Ghali jedenfalls möchte schon in einer Woche die ersten Kontingente der insgesamt über 13.000 Mann in die von der jugoslawischen Armee und den serbischen Freischärlerverbänden eroberten Gebiete entsenden, meldete BBC. Die Finanzierung sei gesichert, rund 300 Millionen Dollar stünden bereit, hieß es in New York. Der Widerspruch dazu kommt jetzt von unerwarteter Seite: Nicht mehr der Serbenführer Babic ist nach dem Votum des Krajina-Parlaments für den UNO-Plan der größte Hemmschuh für den Einsatz von Blauhelmen, sondern die kroatische Führung. Dort ist nämlich eine heftige Diskussion über den Einsatz der UNO-Truppen entbrannt.

In einem Brief an den Sonderbeauftragten der UNO, Cyrus Vance, über dessen Inhalt die 'New York Times‘ Kenntnis erhielt, signalisierte der kroatische Präsident Franjo Tudjman zwar eine grundsätzliche Zustimmung zum UNO- Plan, möchte jedoch einige Detailfragen geklärt wissen. Und die sind eigentlich ziemlich substantiell: Der kroatische Staat müsse die Oberhoheit über die von Serbien kontrolierten Gebiete zurückerhalten, die geflüchteten Kroaten müßten zurückkehren können, das Leben müßte normalisiert werden, der Verkehr, der Handel, das Bankwesen, der Schutz des Eigentums müßten geregelt werden. Selbst der Status der UNO-Soldaten sei noch unklar. Zwar stimmt Tudjman einer Selbstverwaltung der serbischen Bevölkerung zu, die auch serbische Polizeikräfte einschließt, doch bleibt unklar, ob er in diesem Punkt noch den vorbehaltlosen Rückhalt seiner Regierung hat.

Angesichts dieses Zugeständnisses treten nämlich die Kritiker aus den eigenen Reihen auf: „Kroatien wird sich nie mit dem Verlust auch nur eines kleinsten Teiles seines Gebietes abfinden, die kroatische Rechtsordnung muß auf dem gesamten Gebiete gelten“, erklären sie. Radikale Kroaten sehen in dem Einsatz von Friedenstruppen nur die Sanktionierung der serbischen Eroberungen. Sie wollen eine militärische Lösung. Seit die kroatische Armee über bessere Waffen verfügt — sogar Panzer und Hubschrauber sollen geliefert worden sein, US-Zeitungen sehen die Deutschen am Werk — und angesichts des Autoritätsverfalls innerhalb der Bundesarmee, sehen sie Chancen für einen Erfolg.

Auch der serbische Präsident Milosevic steht weiter unter innenpolitischem Druck. Seit er dem Friedensplan der UNO zustimmte und mit aller Macht den Widerstand der Serbenführer aus den besetzten Gebieten brechen konnte, sitzt er zwar wieder fester im Sattel. Die Belgrader demokratische Opposition mußte von ihrem Bündnis mit den Rechtsradikalen um den Krajina-Präsidenten Babic abrücken, in der Sache bleibt sie jedoch hart. Der Chef der Serbischen Erneuerungsbewegung, Vuk Draskovic, fordert den Rücktritt von Milosevic sowie vorgezogene Neuwahlen. Bereits am Dienstag abend hatte der Führer der Demokratischen Partei, Dragoljub Micunovic, an alle Serben appelliert, eine Petition zu unterschreiben, in der Milosevic und die Regierung zum Rücktritt aufgefordert werden. Er und Draskovic machten die Regierung dafür verantwortlich, daß Serbien national und international einen Niedergang erlebe. Ein Vorwurf, der von der Regierung zurückgewiesen wird. Ist es Milosevic in den letzten Wochen doch gelungen, mit seinen Gesprächen mit den UNO Sonderbeauftragten Goulding und Vance für Serbien vorteilhafte Bedingungen für die Stationierung der UNO-Truppen herausgeholt zu haben? Genau diese „Nachbesserungen“ führen ja jetzt in Kroatien zu Diskussionen.

Und auch in Bosnien ist die Politik der serbischen Regierung erfolgreich. Denn nach den Geheimgesprächen zwischen Tudjman und Milosevic vor einigen Wochen in Brüssel haben sich die Kroaten Bosniens an die Positionen der Serben Bosniens angenähert. Bosnien sollte nach den Vorstellungen der Vertreter beider Volksgruppen nun in ethnische Kantone aufgeteilt werden, die nach dem Dafürhalten der Muslimanen nur der Spaltung der Republik Vorschub leisten. Eine Konferenz der Vertreter der drei Volksgruppen hat gestern in Sarajevo bis Redaktionsschluß zu keinen Ergebnissen geführt. Dagegen konnte Milosevic mit Montenegro den „Grundstein für ein neues Jugoslawien legen“. Denn die Führungen beider Republiken einigten sich über die Gründung eines gemeinsamen Staates. er