Nicht-Deutsche sind nicht gleich

■ Im Knast werden Ausländer anders behandelt — Haftlockerung erfahren sie so gut wie nie

Bitte das Knastgebäude

Hier werden ausländische Häftlinge doppelt bestraftFoto: Archiv

Fürs Strafrecht sind alle Menschen gleich: Ausländische Gefangene dürften deshalb nicht anders behandelt werden als deutsche. Ihnen müßten die gleichen Chancen zur Resozialisierung, zu Aus- und Weiterbildung während der Haftzeit, müßten gerade bei langjährigen Strafen Ausgang, Hafturlaub und Lockerung gewährt werden. So glaubt man.

In Wirklichkeit ist es aber anders. Während deutsche Gefangene grundsätzlich schon nach sechs Monaten mit Aussicht auf Erfolg Urlaubsanträge stellen können, sitzen in Oslebshausen ausländische Häftlinge manch

mal jahrelang ohne irgendeine Lockerung. Vergebens stellen sie immer wieder Urlaubsanträge, die oft schon bei ihrem Abteilungsleiter scheitern.

Dies bestätigen auch Bremer Jurastudenten, die über den „Verein für Rechtshilfe im Justizvollzug“ die derzeit 30 Ausländer (von insgesamt 214 Gefangenen) in Oslebshausen betreuen. Jeden Mittwoch abend stehen sie den Ausländern drei Stunden lang mit Rat und Tat zur Verfügung. Regelmäßig schreiben sie Mittwoch für Mittwoch Beschwerden wegen abgelehnter Lockerungswünsche. Erfolg hatten sie bisher

noch nicht einmal. Mittlerweile schreiben sie direkt an den Justizsenator.

Jüngstes Beispiel: Mit 18 Häftlingen der Ausländergruppe wollten die Studenten eine Hafenrundfahrt machen und beantragten einen Gruppenausflug. Einige von ihnen haben bereits fast zwei Drittel ihrer Strafe abgesessen und dürften in wenigen Wochen (in die Abschiebung) entlassen werden. Ergebnis: 13 erhielten gleich eine Ablehnung von der Anstaltsleitung, für weitere 3 kamen die durchweg telefonischen Absagen später nach. Die Hafenrundfahrt fiel aus.

Häufigste Begründung für Ablehnungen ist: „nicht lockerungsgeeignet“. Dies zu entscheiden, liegt im Ermessen der Anstaltsleitung. Meist zieht sie sich jedoch auf eine Verwaltungsvereinbarung der Länder zurück, wonach kein Urlaub gewährt werden darf, wenn nach der Haft eine Abschiebung vorgesehen ist. Diese Vorschrift ist nach Ansicht verschiedener Gerichte jedoch keineswegs verbindlich. Auch hier gibt es Spielräume. Außerdem haben frühere Erfahrungen gezeigt, daß Ausländer bei Lockerungen keinesfalls häufiger fliehen als Deutsche. Einem Häftling, der nach über zwei Jahren Haft drei Monate vor seiner Entlassung steht, war der Ausgang verwehrt worden, weil er draußen „keine Freundin“ habe.

Umgekehrt war in Bremen einem Häftling im vergangenen Jahr sogar Fluchtgefahr unterstellt worden, weil er „in der Bundesrepublik persönliche Beziehungen aufgebaut und ein Arbeitsangebot“ hatte — der Spanier hatte vor seiner Verurteilung wegen eines BTM-Delikts schon 20 Jahre (ohne Vorstrafen) in Deutschland gelebt, war hier zweimal verheiratet. Trotzdem stellte der JVA-Leiter fest: „Diese Fakten, die auf Ihre Verwurzelung in der BRD hindeuten, lassen befürchten, daß Sie Vollzugslockerungen zur Flucht mißbrauchen werden, um sich der Abschiebung zu entziehen.“ Der Häftling ging mit seiner Beschwerde vor Gericht und hatte Erfolg: Die Anstalt mußte über den Urlaubsantrag neu entscheiden.

Das OLG in Frankfurt hat entschieden: Fluchtgefahr kann nicht allein auf das Vorliegen einer Ausweisungsverfügung gestützt werden. Auf diesem Standpunkt steht auch der neue Justizsenator Henning Scherf. Er plant, im Strafvollzugsausschuß der Länder aktiv zu werden und die entsprechende Verwaltungsvereinbarung zu ändern. Die Insassenvertretung der JVA- Oslebs hat im Januar eine Petition an die Bürgerschaft gerichtet und darin u.a. die Änderung dieser Vorschriften gefordert. Birgitt Rambalski