■ KEIN GERÜCHT! AUS DEN RATHÄUSERN
: Über sozialistische Kollektive

Über sozialistische Kollektive

Er ist SPD-Mitglied, Anwalt und demnächst wird das Abgeordnetenhaus ihn wahrscheinlich zum Landesverfassungsrichter wählen. Dabei macht Klaus Eschen seine Vergangenheit schwer zu schaffen, denn in den wilden Jahren der APO war er Mitglied in dem sogenannten »Sozialistischen Anwaltskollektiv«, dem neben Eschen auch Horst Mahler und Hans-Christian Ströbele angehörten.

Als sich der heutige Verfassungsrichter in spe am Dienstag in der FDP-Fraktion vorstellte, sollen einige Abgeordnete regelrecht zusammengezuckt sein, als Eschen von seiner revolutionären Vergangenheit erzählte. Den Liberalen scheint noch gar nicht recht klargeworden zu sein, daß das künftige Verfassungsgericht ebenfalls eine vergleichsweise linksgerichtete Vereinigung zu werden droht. Mit der Nominierung des Juraprofessors Philipp Kunig haben die Freidemokraten selbst dafür gesorgt: Anders als der von der FDP ursprünglich vorgesehene Rechtsaußen Hermann Oxfort gilt Kunig trotz seiner FDP-Mitgliedschaft als höchst liberal. Zusammen mit den drei SPD-Richtern und der grünen Veronika Arendt-Rojahn gäbe es damit auf der neunsitzigen Richterbank eine klare linksliberale Mehrheit. CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hat diese Gefahr schon erkannt und angedeutet, daß seine Partei nicht vier, sondern fünf Sitze beanspruchen könnte...

Spötter versuchen jetzt, die Rechnung dadurch wieder auszugleichen, daß sie ausgerechnet Klaus Eschen dem CDU-Lager zurechnen. Der ehemalige Revoluzzer hatte sich nämlich am Montag im Innenausschuß derart vehement für das neue Polizeigesetz der Regierungsfraktionen stark gemacht, daß der grüne Abgeordnete Wolfgang Wieland am Ende richtig geknickt aussah. »Das tat weh«, bekannte der grüne Abgeordnete Wieland, der erst im Februar 1989 von Eschen den Vorsitz des linksliberalen Republikanischen Anwaltsvereins übernommen hatte.

Eine schmerzhafte Erfahrung mußte kürzlich auch Jugendsenator Thomas Krüger machen. Kaum war im Freundeskreis des Ostberliner Politikers die Nachricht rum, daß Krüger in der Gauck-Behörde einen Termin zur Akteneinsicht bekommen habe, meldeten sich zwei Weggefährten freiwillig. Ja, sie hätten Krüger für die Stasi ausgehorcht. Was die bekennenden Spitzel nicht ahnten: Zu der Akteneinsicht kam es bisher überhaupt nicht, weil das Büro von Joachim Gauck für Krüger irrtümlich ein Gespräch mit dem Chef der Aktenverwalter selbst anberaumt hatte, aber keinen Termin mit den Akten.Hans-Martin Tillack