Der große Motivator

■ Für die Medienbranche ist Heinz Klaus Mertes unverzichtbar

Der große Motivator Für die Medienbranche ist Heinz Klaus Mertes unverzichtbar

Heinz Klaus Mertes soll als Moderator von Report-Bayern abgelöst werden, angeblich nicht wegen seines demagogischen Wallraff-Kommentars, und auch nicht wegen seiner Interview-Attacke auf Stolpe — aber das kennt man ja. „In beiderseitigem Einvernehmen“, „aus gesundheitlichen Gründen“ oder wie die Formeln sonst lauten — die meisten ARD-Redakteure jedenfalls werden aufatmen, daß diesem penetranten CSU-Lautsprecher in ihren Reihen nun endlich der Saft abgedreht wird. Ob aber das öffentlich-rechtliche Medienwesen daran genesen wird? Ich denke nein und gestehe offen: Dieser Mann ist nicht nur mein persönlicher Lieblings-Moderator, sondern ein Hoffnungsträger des gesamten deutschen Journalismus! Daß ein solcher Dilettant, der kaum einen geraden Satz schreiben kann, zum Chefredakteur aufstieg, motiviert Tausende von journalistischen Halb-Alphabeten. Daß seine in kölschem Idiom vom Blatt abgestammelten Formulierungen bundesweit über den Äther gehen, macht noch jedem Stotterer Hoffnung auf eine Rundfunkkarriere. Und daß man mit einem Ohren-Gesicht, wie es Mertes sein eigen nennt, nicht auf der „Gorch Fock“ als Segel zwangsverpflichtet wird, treibt noch dem häßlichsten Zeitgenossen jede Angst vor der Kamera aus. Kurzum: einer wie Mertes ist als Motivator für alle Minderbemittelten der Medienbranche unverzichtbar.

Hei, war das ein Fest, als er vor einiger Zeit in seiner Report-Sendung die taz in die Pfanne hauen wollte — die Gegendarstellung, die er sich einfing, war länger als der eigentliche Beitrag. Soviel kostenlose taz-Werbung gab's noch nie im Bayern-TV! Und so dürfte auch Günter Wallraff bald allen Grund haben, sich bei der Flachpfeife Mertes zu bedanken. Das „penetrante Sendungsbewußtsein“, das Wallraff häufig vorgeworfen wird, ist geradezu harmlos, verglichen mit dem Missionseifer eines Mertes. Wo bei Wallraff nur hie und da der eifernde Missionar vor dem recherchierenden Journalisten kam, gilt bei Mertes seit je das Motto: Warum denn journalistisch, wenn's auch ideologisch geht. Ja aber das ist es doch gerade, wenden die Mertes-Kritiker ein. Unter dem öffentlich- rechtlichen Deckmantel derart schamlos Ideologie zu verbraten, das kann doch nicht angehen! Als ob es „Objektivität“ tatsächlich gäbe und nicht noch die neutralste Nachrichtensprache vor subtilen Subjektivismen wimmelte. Wenn aber der Mann mit den Ohren den Mund aufmacht, weiß jeder gleich, was Sache ist — und kann das U suchen, wo Mertes sturheil ein X vormachen will. Mathias Bröckers