Plötzlich sind alle für Hoesch-Krupp-Fusion

Vermittlung von Landesvater Rau und Übervater Beitz macht Belegschaftszustimmung möglich  ■ Aus Dortmund Walter Jakobs

Die Übernahme der Dortmunder Hoesch AG durch die Essener Krupp GmbH wird heute im Krupp-Aufsichtsrat mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter besiegelt. Möglich wurde die Zustimmung der Arbeitnehmer zur Fusion, die im Einvernehmen mit den Hoesch- Betriebsräten erfolgt, durch eine Vereinbarung von „Eckpunkten“ zwischen dem Vorstand von Krupp und der IG-Metall, die von den Belegschaftsvertretern beider Konzerne am Donnerstag als „erstes positives Signal“ bewertet wurde. Zwar konnte die Montanmitbestimmung für die fusionierte Obergesellschaft nicht durchgesetzt werden, doch die Mitbestimmungsregelungen gehen über das gesetzlich vorgeschriebene Maß erheblich hinaus.

Der Aufsichtsrat des künftig 110.000 Beschäftigte umfassenden Mammutkonzerns wählt aus seiner Mitte ein paritätisch besetztes Präsidium, das die Aufgabe hat, bei Streitfällen eine Lösung zu finden, „die im Aufsichtsrat einigungsfähig ist“. Kommt eine Einigung nicht zustande, hat der Aufsichtsratsvorsitzende, also die Kapitalseite, Doppelstimmrecht. Als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied wird der künftigen Obergesellschaft ein Arbeitsdirektor angehören, „der nicht gegen die Mehrheit der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat“ bestellt werden kann. Gleichzeitig versichert der Krupp- Vorstand, daß „die Standorte beider Unternehmen grundsätzlich erhalten werden“. Zur Begleitung des Fusionsprozesses wird eine „Kommission“ aus „Unternehmensleitung, Industriegewerkschaft Metall und Betriebsräten eingerichtet“.

Die Vereinbarung der Eckwerte, die allen Beteiligten ohne Gesichtsverlust die Zustimmung erlaubt, wurde unter maßgeblicher Beteiligung von NRW-Ministerpräsident Johannes Rau und Krupp-Übervater Berthold Beitz zustande gebracht.

Der Vorstand der Hoesch AG, der gestern für 1991 einen Konzerngewinn von „deutlich mehr als 200 Millionen DM“ (1990: 440 Mio. DM) meldete, wurde von dem bei Redaktionsschluß noch tagenden Hoesch- Aufsichtsrat aufgefordert, die Fusionsverhandlungen weiterzuführen. Die Verschmelzung mit der Krupp GmbH, die sich zu diesem Zweck in eine börsennotierte Aktiengesellschaft umwandeln wird, soll auf zwei Hoesch-Hauptversammlungen Mitte des Jahres vollzogen werden. Die Essener halten eine Umtauschaktion von fünf Hoesch-Aktien in drei Krupp-Aktien für „realitätsnah“. Ausgleichszahlungen an Hoesch-Aktionäre soll es nicht geben; Krupp mußte bereits eine Milliarde Mark für seinen derzeitigen 51-Prozent-Anteil aufbringen.

Glaubt man dem Fusionskonzept von Krupp, ist der Zusammenschluß ökonomisch ein Gewinn. Für das Jahr 1992 werden die fusionsbedingten Kosten die positiven Synergieeffekte zwar noch um 9 Mio. DM übersteigen, ab 1993 aber sei mit erheblichen Synergieeffekten zu rechnen. Netto werden folgende Einsparungen erwartet: 269 Mio DM in 1993; 431 Mio. DM in 1994; 457 Mio. DM in 1995, in 1996 sogar 462 Mio. DM. Diese Kosteneinsparungen sollen angeblich nur 1.800 Jobs kosten. Bestätigt wurden die Krupp- Rechnungen durch die Unternehmensberatungsgruppe Roland Berger: „Die dargestellten Synergieeffekte erscheinen grundsätzlich plausibel und konsistent. Über ihre Vollständigkeit kann bisher keine abschließende Aussage gemacht werden. Im allgemeinen sind vorsichtige Wertansätze gewählt worden.“